Zwangsarbeiterlager bei Flößberg nachgespürt
Flößberger Pfarrer i.R. Hans-Ulrich Dietze bietet Führungen an / TV-Regional begab sich mit ihm auf Spurensuche

Flößberg/Eulatal (Eig. Ber./fr). Eine Expedition führte dieser Tage ins Gebiet des Flößberger Waldes. Hintergrund waren Dreharbeiten für eine Reportage von TV-Regional mit dem Ziel, die traurige Vergangenheit des Flurstückes aufzuarbeiten.

Nur noch wenige Spuren zeugen heute von der Zeit vom 30. November 1944 bis zum 13. April 1945, als sich in diesem Wald ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald befand, dessen insgesamt 1.904 Häftlinge für die HASAG-Fabrik Leipzig Panzerfäuste herstellten. In den viereinhalb Monaten des Bestehens des Lagers wurden den Zwangsarbeitern mit der Verlegung von etwa 2.350 m Eisenbahngleisen und der Errichtung von etwa zehn Häftlingsbaracken, mehreren Baracken für die Bewacher, Unterkünfte für Bautrupps deutscher Firmen und den eigentlichen Produktionsbaracken eine - gemessen an der kurzen Zeit - dermaßen hohe Arbeitsleistung abgefordert, daß es zu riesigen Opfern unter den Gefangenen kam.

Allein im Februar und März 1945 wurden 461 Häftlinge als nicht mehr arbeitsfähig nach Buchenwald geschickt. Und insgesamt 168 Menschen starben in Flößberg, also fast neun Prozent der Lagerinsassen. Damit lag die Sterberate im Flößberger KZ sogar höher, als in Buchenwald selbst.

Von den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager berichten Tagebücher und Aussagen von Bewohnern der umliegenden Dörfer, die vom Leid der Gefangenen wußten. Der Flößberger Pfarrer Hans-Ulrich Dietze trug diese Informationen über Jahrzehnte zusammen und machte sich so um die Erhaltung des Materials und Aufklärung über dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte verdient.

Auch dem Kamerateam zeigte und erklärte er die Zusammenhänge von KZ und HASAG-Fabrik in Flößberg, um dieses traurige Erbe nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aber auch für interessierte Bürger bietet Pfarrer Dietze, vor allem im zeitigen Frühjahr, Führungen an.

Genauere Informationen hierzu sind im Pfarramt zu erhalten. Die Sendung läuft ab 27. Mai bis zum 10. Juni fünf Mal täglich bei TV-Regional. Zudem planen diese Mitarbeiter auch, ein Video zu erstellen für die Menschen, die ihren Sender nicht empfangen können.
Text: Leipziger Volkszeitung (28.05.1999)
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