Zeitzeugen
berichten übereinstimmend nur von Kriegsgefangenen
Borna. Die beiden großen Kirchen haben in
Borna während des zweiten Weltkriegs
höchstwahrscheinlich keine Zwangsarbeiter
beschäftigt. Das bestätigten jetzt die
evangelische und die katholische Gemeinde
sowie Zeitzeugen. Dennoch steht fest, dass
im Krieg auch in Borna Kriegsgefangene zur
Arbeit gezwungen wurden. Klar ist auch, dass
konkrete Nachforschungen außerordentlich
schwierig sind.
Für Michael Teubner ist die Sache eindeutig.
"Bei uns gab es keine Zwangsarbeiter", betont
der katholische Pfarrer, was sich schon aus der
relativ geringen Größe der Pfarrei in der
damaligen Kasernenstraße ergibt. Gab es kurz
nach dem Krieg durch die Flüchtlingsströme aus
dem Osten zeitweise bis zu 12.000 Katholiken
in Borna, so waren es vor 1945 noch sehr viel
weniger. Und kirchliche Heime oder Betriebe,
in denen Zwangsarbeiter hätten beschäftigt
werden können, waren in der Diaspora Borna
definitiv nicht zu finden.
Ganz so kategorisch will Superintendent
Matthias Weismann dies für die evangelische
Gemeinde nicht feststellen. "Ich kann es mir
aber nicht vorstellen." Die Gemeinde sei nicht
entsprechend strukturiert gewesen. Letzte
Gewissheit aber könne es nur durch Zeitzeugen
geben, die durchaus vorhanden sind.
Dazu gehört der bekannte Bornaer Philologe
Dr. Siegfried Körner, der von sowjetischen
Kriegsgefangenen berichtet, die etwa im Gasthof
Gnandorf zum Einsatz kamen, der schon lange
nicht mehr existiert. "Die marschierten dann
immer die Altenburger Straße entlang", erinnert
er sich an Bilder aus seiner Kindheit. Von
Zwangsarbeitern indes, gar im Umfeld der Kirche,
ist Körner allerdings nichts bekannt.
Auch Angelika Schulz müsste wissen, ob es
im Bereich der evangelischen Gemeinde
Zwangsarbeiter gab, deren Entschädigung einem
Beschluss der Bundesregierung zufolge über eine
Stiftung erfolgen soll. Die 65-Jährige ist die
Tochter des Bornaer Superintendenten Herrmann
Budra, der 1944 starb. Zwangsarbeiter, so
erklärt sie auf LVZ-Anfrage, habe sie erstmals
im KZ Flößberg gesehen. Die Kirche habe damit
nichts zu tun.
Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen
der Evangelischen Landeskirche. Anfragen bei
diakonischen Einrichtungen in Sachsen hätten
ergeben, dass nirgends der Einsatz von
Zwangsarbeitern bekannt sei. "Allerdings ist es
nicht auszuschließen, ob nicht vielleicht im
Einzelfall auf kirchlichen Friedhöfen oder in
Wäldern Zwangsarbeiter beschäftigt wurden",
sagt Matthias Oelke vom Landeskirchenamt.
Doch auch wenn es keine Zwangsarbeiter in
Borna gab, Ausländer befanden sich im Krieg
sehr wohl in Borna. So berichtet die Chronik
der katholischen Gemeinde von Polen, die
während des Gottesdienstes getrennt von den
Deutschen sitzen mussten. Von ihnen gab es
auch nach Kriegsende noch viele in Borna,
so dass es 1945 mehrere Trauungen unter
den Polen gab.
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