"Niemand der Menschenwürde berauben"
STOLPERSTEINE putzen: Gedenkveranstaltung zu Ehren der jüdischen Familie Rose in Borna

Borna. 75 Jahre ist es her, dass am 9. November in Deutschland mit der Reichsprogromnacht (auch Reichskristallnacht genannt) die systematische Vernichtung jüdischer Menschen und Einrichtungen durch das Naziregime begann. Zur Gedenkveranstaltung am Sonnabend in Borna fanden sich zwei Dutzend Teilnehmer am früheren Wohnhaus der Familie Rose in der Roßmarktschen Straße 32 ein. Hier hatte 2009 der Verein Bon Courage sogenannte STOLPERSTEINE aus Messing von Künstler Gunter Demnig in den Fußweg eingelassen, die an die Vertreibung und Vernichtung von Juden, Sinti, Roma und anderen Opfern des Nationalsozialismus erinnern. Die Roses hatten zu den Juden gehört, die vorm Ersten Weltkrieg aus Galizien nach Borna gekommen waren. Sie galten als vollständig integriert.

"In Borna stürmten die Nationalsozialisten Geschäft und Wohnhaus der Familie Rose und vertrieb sie. Fast alle Angehörigen kamen im Konzentrationslager ums Leben", sagte Bon-Courage-Vorsitzende Sandra Münsch zu Beginn. "Wir denken folglich heute an ein trauriges Ereignis. Wie wir hier zusammenstehen, sind wir uns einig: So etwas soll nie wieder passieren. Menschen sollen nicht mehr, nur weil sie anders sind, diskriminiert, ungerecht behandelt oder gar ihrer Menschenwürde beraubt werden." Bornas Oberbürgermeisterin Simone Luedtke (Die Linke) erklärte, dass sie Dokumente einer Augenzeugin des damaligen Dramas um die Familie Rose erhalten hatte. Diese wolle sie der Öffentlichkeit in Kürze zugänglich machen.

Mit den Liedern "Bin auf meinem Weg" und "Da berühren sich Himmel und Erde" untermalte Andreas Bergmann, Jugendwart des Kirchenbezirks Leipziger Land, die Veranstaltung. Nach einer Schweigeminute legten die Teilnehmer weiße Rosen und Kerzen an den STOLPERSTEINEN nieder. Unter ihnen der Bornaer Carlo Hohnstedter. "Ich habe dieses Jahr beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten mit meiner Arbeit 'Ein Porphyr in der Nachbarschaft. Nur ein Stein oder eine vergessene Erinnerung' den sächsischen Landespreis gewonnen", sagte der 17-jährige Gymnasiast. Er wolle über die Arbeit hinaus mehr von diesen Geschehnissen erfahren. "Wir sind geschichtlich interessiert und heute in Borna das erste Mal bei dieser Veranstaltung dabei", sagte die Neukieritzscher Barbara Ramm aus.

Münsch bat darum, "stets kritisch zu hinterfragen, wie wir miteinander und mit Menschen aus anderen Gesellschaften umgehen. Meine Bitte ist, dass wir jeden Tag Verstöße gegen die Menschenwürde laut äußern und dagegen ankämpfen".
Text: Nicole Rathge-Scholz, Leipziger Volkszeitung (11.11.2013)
Foto: Nicole Rathge-Scholz
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