Verein kämpft gegen das Vergessen
Verein kämpft um Schutzstatus für KZ-Außenlager

Flößberg. "Bitte, vergesst nicht!" Mit dieser Bitte beschloss der KZ-Überlebende Stephen Casey eines seiner letzten Grußworte an die Teilnehmer des Holocaust-Gedenktages in Flößberg: "Erinnert daran, was passieren kann, wenn Menschen ihre Menschlichkeit vergessen." Zum 70. Mal jährt sich in diesen Tagen die Errichtung des KZ-Außenlagers Flößberg. Zwischen Ende November 1944 bis Mitte 1945 mussten hier mehr als 1.900 Häftlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten. 235 Menschen starben im heutigen Frohburger Ortsteil. Damit wurde das KZ-Außenlager Flößberg zu einem der Hauptverbrechensorte im Landkreis Leipzig während der NS-Zeit.

Der Geschehnisse vor sieben Jahrzehnten soll am Freitag in Flößberg mit einer Gedenkveranstaltung gedacht werden, bei der an die Opfer des KZ-Außenlagers erinnert wird. Im Rahmen dieser Veranstaltung werden Informationstafeln eingeweiht, die von Schülern der Oberschule Bad Lausick erarbeitet worden sind. Der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. hat die Arbeit der Schüler mit Hinweisen zu den geschichtlichen Hintergründen unterstützt. Zudem hat der Verein einen Wegweiser finanziert, der künftig den Weg zur Gedenkstätte weisen wird.

Der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. möchte diesen Jahrestag jedoch auch zum Anlass nehmen, um auf den noch immer unzureichenden Schutz der vorhandenen Spuren des Außenlagers aufmerksam zu machen. Im Zuge des siebzigsten Jahrestages der Errichtung des Außenlagers "möchten wir deshalb die Diskussion anstoßen, über den Schutz des ehemaligen KZ-Geländes Flößberg neu nachzudenken, mit dem Ziel, es als schützenswertes Boden- und Flächendenkmal in die Landesdenkmalliste des Freistaates Sachsen aufzunehmen", blickt Katrin Henzel vom Verein voraus. Bisher ist allein der KZ-Häftlingsfriedhof im Großen Fürstenholz, auf dem 38 jüdische Häftlinge des Lagers bestattet sind, als Denkmal anerkannt. Allerdings befindet sich der Friedhof am Rande des eigentlichen Lagers, das sich neben der Landstraße zwischen Beucha und Flößberg auf einem Feldgrundstück sowie dem daran angrenzenden Wald befand. Noch heute zeugen Spuren von der Existenz des ehemaligen Lagers, insbesondere Fundamentreste, Erdwälle sowie der geschotterte Untergrund der ehemaligen lagerinternen Bahntrasse. Diese Spuren sind heute überwachsen.

Kommentar: Für die nächsten Generationen
von Thomas Lieb

Es ist der ureigenste Sinn von Jahrestagen, wachzurütteln gegen das Vergessen. Insbesondere Gedenken, die in Verbindung mit den nationalsozialistischen Verbrechen der Weltkriege stehen, haben - auch 70 Jahre später - ihre Bedeutung nicht verloren. Borna musste selbst die leidliche Erfahrung machen, welche Schatten es wirft, wenn man den Geschichtsrevisionisten (gewollt oder ungewollt) das Feld überlässt. Die Arbeit der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. ist generationsübergreifend notwendig. Die Unterstützung des Vereins durch das sächsische Sozialministerium, das dort zuletzt Mittel zum Erhalt der geschichtsträchtigen Stätte bereitgestellt hat, und die Stadt Frohburg sind deswegen auch nicht mehr (und nicht weniger) als die logische Konsequenz gesamtgesellschaftlicher Mitverantwortung. Was nicht logisch, und deswegen noch bemerkenswerter ist: Die Einbeziehung Bad Lausicker Oberschüler, deren Arbeit im Geschichtsunterricht die Flößberger Gedenkstätte jetzt ergänzen soll.

Der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. kann sich des Beistandes vieler sicher sein - was nicht immer so war. Und er darf die berechtigte Hoffnung pflegen, dass er auch in seinem Anspruch Unterstützung erfährt, die anderen vergessenen Stätten des KZ-Lagers als wichtige Zeitdokumente erhalten zu können. 70 Jahre nach der Errichtung des Lagers muss alle Anstrengung auf Bewahrung der Geschichte gerichtet sein. Damit auch die Kinder und Enkel der jetzigen Bad Lausicker Oberschüler Orte haben, an denen sie erinnert werden.
Text: Leipziger Volkszeitung (02.12.2014)
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