Es
ist ein sonniger Apriltag in der Uhlandstraße in Penig.
Schmucke Häuschen und Birken säumen den Weg, Tauben fliegen
über mich hinweg und landen auf den Fenstersimsen eines von
der Zeit gezeichneten Fabrikgebäudes. Die Menschen, die hier
heute vorbei fahren, ahnen womöglich nicht was sich hinter
diesen Mauern Ende der letzten Kriegsmonate abspielte. Der
2. Weltkrieg ging in die Endphase. Zur verstärkten
Produktion von Ersatzteilen für Bomberflugzeuge der
faschistischen Wehrmacht entstand ein neues Junkerswerk der
Firma Gehrt in Penig. Von Januar 1945 bis April 1945
arbeiteten etwa 700 jüdische Häftlingsfrauen unter
menschenunwürdigen Bedingungen in diesem Werk. "Ausrottung
durch Arbeit" hatten sich auch die Wachmannschaften auf ihre
Fahnen geschrieben und trieben die Frauen immer wieder
erbarmungslos zur Zwangsarbeit ins Junkerswerk. Die
Unterbringung der Frauen erfolgte in einem Lager nahe
Langenleuba-Oberhain, auf dem Gelände des heutigen
Reitsportklubs. Durch den täglichen Marsch, die schwere
körperliche Arbeit, schlechte mangelhafte Ernährung und die
Unterbringung in Baracken, die weder vor Wind noch vor
Wetter richtig schützten, entkräfteten die Frauen rasch und
lebten mit der ständigen Angst vor Erkrankungen, denn das
verhasste Krankenlager bedeutete den sicheren Tod.
Ähnliche Bilder mussten sich zu der Zeit auch in Colditz
abgespielt haben. Auch hier entstand ein Außenlager des KZ
Buchenwald. Auf engem Raum wurden 900 jüdische Männer
zusammengepfercht, ja sogar schlechter als Vieh behandelt
und gehalten. Die Gefangenen mussten im Werk Süd der
damaligen Steingutfabrik AG, dann zum HASAG-Lager umgebaut,
Waffenteile für Panzerfäuste herstellen. Die Arbeits- und
Lebensbedingungen der Häftlinge entsprachen denen der über
136 Außenlager vom KZ Buchenwald. Dazu zählte die knallharte
Folter, wenn man sein Arbeitspensum nicht schaffte. Für die
Männer, die längere Zeit erkrankt waren, bedeutete eine
Erkrankung den sicheren Transport in die Vernichtung.
Hierfür gab es auch vor Ort einen kleinen Platz im Wald, nahe
der Straße nach Möseln. Auf diesem Platz stehe ich nun und
stelle mir vor, was sich hier abgespielt haben muss. Ich sehe
schwer misshandelte Opfer, die als Ziele für Schießübungen
benutzt oder totgeschlagen worden.
Ja wahrlich, dass alles und noch viel mehr geschah nicht
nur in den von uns weit entfernt geglaubten Lagern, sondern
direkt vor unserer Nase in Langenleuba-Oberhain, Penig,
Flößberg, Colditz und in vielen anderen Städten und
Gemeinden. Bevor diese, in den Tagen um den 13. April 1945
befreit wurden, trieben die Wachmannschaften zahlreiche
Gefangenen auf Todesmärsche. Zahlreiche Opfer überlebten
diese Märsche nicht und fielen den fanatischen Mördern zum
Opfer. Gedenkstätten und Mahnmale sollen heute an
unterschiedlichen Plätzen an das Schicksal dieser Menschen
erinnern. Vereine, wie die "Geschichtswerkstatt Flößberg"
und der "Club Courage" Colditz, sowie Schülerprojekte (z.B.
www.gedenkstaette-floessberg.de) setzen sich ein
gegen das Vergessen. Die Erlebnisse dieser Tage werden den
Überlebenden der Arbeits- und Konzentrationslager ewig im
Gedächtnis bleiben. Und sollten sie nicht auch uns im
Gedächtnis bleiben, sollte nicht jeder einzelne die
Geschichten weitertragen und am Leben erhalten, damit sie
als Mahnmale ein Zeichen für die Nachwelt setzen? Die
zahlreichen Opfer des Faschismus klagen an: Warum kennt ihr
nicht unsere Namen, warum wisst ihr nicht warum wir starben?
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