Weißer Fleck in Geschichtsbüchern
Viele Besucher bei Eröffnung der Ausstellung über Besetzungszeit

Borna. "Die amerikanische Besetzung nach Kriegsende war zu DDR-Zeiten ein weißer Fleck in den Geschichtsbüchern", erklärte Militärhistoriker Jürgen Möller. Wohl auch deshalb kamen gestern sehr viele Besucher ins Bornaer Museum. Sie verfolgten gespannt die Eröffnung der Wanderausstellung "Forward to the river Mulde - Die amerikanische Besetzung des Leipziger Südraumes im April 1945". Die Vernissage fand anlässlich des Internationalen Museumstages statt - in Borna "Spätschicht" genannt.

"Es ist die wohl heißeste Ausstellung, die ich jemals eröffnet habe", erklärte Möller angesichts der sommerlichen Temperaturen und des vollen Sonderausstellungsraumes. Heiß sind aber auch einige Dokumente, die in herkömmlichen Archiven kaum zu finden sind. Dazu zählen Stücke, die er von Veteranen der 76. Amerikanischen Infanterie-Division erhalten hat.

Auf 23 Tafeln wird das Vorrücken der GIs der US-Armee nach Mitteldeutschland in den letzten Kriegstagen dokumentiert. Laut Museumsleiterin Gabriele Kämpfner umfasst die Schau das Gebiet zwischen Weißenfels und Grimma. Das Museum steuerte ebenfalls Dokumente bei, die man nach einem Aufruf von Bürgern als Leihgaben erhielt, unter anderem auch von der Initiativgruppe Flößberg.

Möller sagte gegenüber unserer Zeitung, dass er seit Jahren seine Freizeit der Militärhistorik widmet und bereits vier Bücher herausgebracht hat. Auch im beruflichen Leben hat er mit dem Militär zu tun. Der ehemalige Gothaer ist Kommandant eines Materiallagers in Baden-Württemberg und lebt seit 1994 mit seiner Familie in Ansbach / Mittelfranken. Er betonte, dass auch viele jüngere Menschen in seine Ausstellung kommen. "Das liegt wohl daran, dass das Thema in dieser Region bis heute noch unterbelichtet ist." Im Pegauer Museum hatte die Schau "Forward to the river Mulde" im vorigen Jahr Premiere, bevor sie weiter nach Groitzsch und Zeitz zog.

Oberbürgermeister Bernd Schröter kam ebenfalls ins Museum. Als Kind habe er viele wahre und erfundene "Geschichten über die Amerikaner" von den Erwachsenen gehört. "Doch diese Ausstellung mit belegten Zeitdokumenten kann den nachfolgenden Generationen die Realität der damaligen Zeit vermitteln", so Schröter.

Ortschronist Thomas Bergner verwies auf eine Broschüre "Das Jahr 1945 in Borna", die vom Museum und dessen Geschichtsverein extra für diese Ausstellung gedruckt wurde. Enthalten sind darin unter anderem Menschenschicksale aus der damaligen Zeit.

Der Ortschronist nahm bereits vor einigen Wochen die Geschehnisse im April und Mai 1945 für die Führung "Borna auf dem zweiten Blick" auf. Unter anderem ging er auf den damaligen Bürgermeister Dr. Walther Thierbach ein, dem die Stadt die gewaltfreie Übergabe an die Amerikaner am 15 April zu verdanken hat. Auszüge davon sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Interessenten können diese zu den üblichen Öffnungszeiten noch bis Ende Juli in Borna besuchen. Weitere Stationen danach sind Böhlen und Lucka.
Text: Peter Krischunas, Leipziger Volkszeitung (21.05.2007)
Foto: Peter Krischunas
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