Demonstration
in Borna erinnert an Verbrechen der Pogromnacht
Borna.
"Man kann nicht einem anderen Menschen die Würde
absprechen, ohne die eigene zu verlieren", sagte
Andreas Bergmann gestern zur Kundgebung und
Gedenkmarsch in Borna anlässlich der
Reichspogromnacht, die sich zum 70. Mal jährte.
Rund einhundert Bornaer Bürger waren in die
Roßmarktsche Straße vor das ehemalige Kaufhaus
"Britania" gekommen, das der ermordeten jüdischen
Familie Rose gehörte. Sie wollten an das Verbrechen
erinnern. Aufgerufen dazu hatte die Initiative für
Demokratie und Zivilcourage Borna (IDZ), deren
Sprecher Bergmann ist.
Bornas Oberbürgermeisterin Simone Luedtke (Die
Linke) stand mit in der ersten Reihe, als sich
anschließend der Gedenkmarsch in Bewegung setzte.
Mehrere Polizei-Einsatzfahrzeuge sicherten die
Demonstration ab. Es sei ihren Worte nach wichtig,
an den ersten großen Gewaltausbruch des
Nazi-Regimes gegen die Juden zu erinnern.
"Schließlich sieht man heute in Borna immer mehr
Leute auf den Straßen, die eindeutig rechter
Gesinnung sind", so die Oberbürgermeisterin.
Unter den Demo-Teilnehmern waren auch alle
Partei-Fraktionen der Kreisstadt sowie Pfarrer
verschiedener Konfessionen. Gesicht zeigen
wollte auch Lutz Kinmayer, ehemals Gemeinde-
und Jugendreferent der katholischen Gemeinde
Borna. Im November 2003 wurde auf seine
Initiative hin die Gedenktafel am Kaufhaus der
Familie Rose angebracht. "Ich freue mich, dass
meine Arbeit hier Spuren hinterlassen hat",
sagte Kinmayer. Superintendent Matthias
Weismann vom evangelisch - lutherischen
Kirchenbezirk Borna verwies auf eine
Veranstaltung am 28. November in der
Emmauskirche, wo Ethik-Professor Thomas
Schirrmacher zum Thema "Hitlers Kriegsreligion"
an die Novemberpogrome vor 70 Jahren erinnern
will.
Paul Janus von der CDU-Ortsgruppe sagte:
"Wir müssen uns dem einstigen Verbrechen der
Bornaer stellen, schließlich werden auch heute
wieder Ausländer, Journalisten und Politiker
diskriminiert." Janus sei nicht nur gestern
während der Kundgebung aktiv sondern nehme
wie alle Fraktionen auch an den monatlichen
Treffen der IDZ teil, bei denen aktuelle
Themen diskutiert werden. Auch Mitglieder der
Geschichtswerkstatt Flößberg waren gestern vor
Ort.
Während des Marsches durch die Stadt lief
jiddische Musik aus den Boxen, die in Pfarrer
Matthias Dallmanns Auto installiert waren.
Laut Ortschronist Thomas Bergner wurden
Häuser von jüdischen Familien als Haltepunkte
gewählt. "Wir haben die bekanntesten Namen wie
die von Motulsky in der Kirchstraße und Singer
in der Roßmarktschen Straße gewählt, die genau
wie die Familie Rose Unternehmer waren",
erläuterte Bergner, der auf die geschichtlichen
Hintergründe einging.
Petra Sieger vom Kreisjugendring Leipziger
Land und Bergmann (zudem auch Jugendreferent
im evangelischen Kirchenbezirk) erklärten, dass
sie auch die Jugendlichen per Flyer über die
Veranstaltung informiert hatten. Im Anschluss
an die Kundgebung war im Kulturhaus das Film-
und Musikprojekt "Kein Wald mit Buchen" zu
erleben.
Jugendliche aus Ost und West haben in einem
gemeinsamen Projekt dem Schicksal von im KZ
Buchenwald inhaftierten Kindern und Jugendlichen
nachgespürt und ihre gewonnenen Informationen
und Erlebnisse in dem Film festgehalten. Die
"Liedertour" aus Leipzig umrahmte den Film mit
Texten aus dem Gedichtband "Moabiter Sonette"
von Albrecht Georg Haushofer, der 1945 von der
SS ermordet worden ist. Laut Bergmann wurde die
Arbeit einer (ZEITENSPRÜNGE-) Projektgruppe des
Teichgymnasiums in die Vorstellung integriert.
Thema war die Außenwirkung des KZ Flößberg, das
demnächst auch in Dresden vorgestellt werden soll.