Umbettung von KZ-Opfern
Frohburg/Flößberg (gb). Die auf dem Häftlingsfriedhof Flößberg bestatteten Toten sollen umgebettet werden: Auf den Ehrenhain in Bornas Lobstädter Straße. Dem stimmte der Frohburger Stadtrat zu. Damit folgte er einem Vorschlag der zuständigen Landesdirektion Chemnitz sowie des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Im Außenlager des KZ Buchenwald bei Flößberg starben mindestens 225 Häftlinge.
Text: Leipziger Volkszeitung (27.07.2009)
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Rückendeckung zum Umbetten der KZ-Opfer
Frohburger Stadtratsmehrheit: Tote des Häftlingsfriedhofs Flößberg sollen nach Borna kommen / Linke und Verein sind dagegen

Frohburg/Flößberg. Die auf dem Häftlingsfriedhof Flößberg bestatteten Toten sollen auf den Ehrenhain Lobstädter Straße in Borna umgebettet werden. Diesem Vorschlag der zuständigen Landesdirektion Chemnitz sowie des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge stimmte Frohburgs Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich zu. Die Fraktion Die Linke wie auch der Verein Geschichtswerkstatt Flößberg hatten sich zuvor vehement gegen diese Absicht ausgesprochen.

Die Ausgangslage: Mindestens 225 Menschen starben einst im Außenlager des KZ Buchenwald, das im November 1944 im Großen Fürstenholz bei Flößberg angelegt wurde. Dort befindet sich deshalb ein Häftlingsfriedhof. Die Anzahl der an diesem Ort bestatteten jüdischen Opfer ist nicht exakt bekannt. Von 22 bis mindestens 38 Beigesetzten wird gesprochen. Die Toten des Flößberger Außenlagers sind bereits an vier verschiedenen Orten bestattet. Einige fanden auf dem Ostfriedhof in Leipzig ihre letzte Ruhestätte. Andere wurden zurück ins KZ Buchenwald überführt, die Toten der letzten Monate in Massengräbern im Wald bei Flößberg verscharrt. Nach der Befreiung durch die US-Truppen wurden bereits 98 tote Häftlinge nach Borna umgebettet.

Fakt ist: Der Häftlingsfriedhof in Flößberg befindet sich in einem erbärmlichen Zustand, entspricht nicht mehr den Forderungen des Gräbergesetzes. Bürgermeister Wolfgang Hiensch benannte einige der Folgen: "Die Gräber müssten ein dauerhaftes Grabzeichen haben. Um das Friedhofsgelände wirksam vor Wildschäden zu schützen, müsste ein Wildzaun mit einem Überlaufschutz für Schwarzwild installiert werden. Ein öffentlicher Zugang wäre nötig. Die finanziellen Aufwendungen wären erheblich, auch die Unterhaltung nach einer möglichen Sanierung."

Deshalb sahen Verwaltung und eine Stadtratsmehrheit im Vorschlag der Landesdirektion Chemnitz und des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die auf dem Häftlingsfriedhof bestatteten Toten nach Borna umzubetten, eine gute Lösung. Zumal die Behörde die Kosten dafür tragen würde.

Ganz anderer Meinung ist der Verein Geschichtswerkstatt Flößberg. "Zum einen betrachten wir das als massive und ethisch nicht zu rechtfertigende Störung der Totenruhe", ließ dessen Vorsitzender Stefan Walter wissen. Zum anderen befürchtet der Verein, dass durch die Umbettung das Lager als solches längerfristig wieder in Vergessenheit gerate. Die Entwürfe Leipziger Architekturstudenten für eine neue Gedenkstätte wären unter der Voraussetzung entstanden, dass der Friedhof als zentraler Ort des Gedenkens in Flößberg erhalten bliebe. "Der Häftlingsfriedhof wurde seit 1946 als zentraler Gedenkort in Flößberg genutzt und als solcher stets wahrgenommen. Erst nach 1990 und nicht zuletzt durch Versäumnisse von Behörden geriet er zunehmend zum Sanierungsfall", so Walter. Deshalb sieht der Verein die langjährige Arbeit an einer angemessenen Gedenkstättenkonzeption in Flößberg durch die Umbettungspläne gefährdet.

Die dreiköpfige Fraktion der Partei Die Linke teilt diesen Standpunkt. Stadtrat Eberhard Schneidenbach verwies zudem darauf, dass auch der Ehrenhain in Borna deutliche Mängel aufweise, grundlegend saniert werden müsse. Die Fraktion beantragte deshalb, die Abstimmung zu verschieben. Der Geschichtswerkstatt Flößberg sollte in einer der nächsten Sitzungen ermöglicht werden, ihr Konzept vorzustellen. In einer gemeinsamen Beratung der Städte Frohburg und Borna mit Vertretern des Landratsamtes, der Geschichtswerkstatt, der Landesdirektion Chemnitz und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge sowie weiterer Bürger und Verbände solle nach Lösungen gesucht werden. Dieser Antrag wurde bei vier Gegenstimmen abgelehnt.

Klaus Leroff, Geschäftsführer der Landesgeschäftsstelle Sachsen des Volksbundes, räumte in der Stadtratssitzung zwar ein, dass die Bornaer Anlage wirklich zuvor in Schuss gebracht werden müsse. Es gäbe aber bereits einen Architektenentwurf dafür. Leroff ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass es die bessere Lösung sei, so zu verfahren. "In Borna könnten wir dann einen jüdischen Friedhof einrichten, um den Toten das Ansehen und die Würde zukommen zu lassen, die ihnen zusteht - mit den Namen der Opfer, einer ewigen Flamme...", sagte er. Auch der Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden hätte schon Zustimmung signalisiert. Bei einer Exhumierung könne zudem exakt festgestellt werden, wie viele Tote in Flößberg begraben wurden und eventuell Hinweise zu ihrer Identität gefunden werden. Die Pläne der Geschichtswerkstatt sehe es deshalb nicht gefährdet. "Das Projekt ist sehr gut, aber nicht abhängig, ob der Friedhof bleibt oder nicht."

Bei drei Gegenstimmen der Linksfraktion und einer Enthaltung von Stadtrat Wolfgang Aurich (CDU) erhielt die Umbettungsabsicht Rückendeckung.
Text: Thomas Lang, Leipziger Volkszeitung (27.07.2009)
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