Frohburger
Stadtratsmehrheit: Tote des Häftlingsfriedhofs
Flößberg sollen nach Borna kommen / Linke und
Verein sind dagegen
Frohburg/Flößberg. Die auf dem
Häftlingsfriedhof Flößberg bestatteten Toten
sollen auf den Ehrenhain Lobstädter Straße in
Borna umgebettet werden. Diesem Vorschlag der
zuständigen Landesdirektion Chemnitz sowie des
Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge
stimmte Frohburgs Stadtrat in seiner jüngsten
Sitzung mehrheitlich zu. Die Fraktion Die Linke
wie auch der Verein Geschichtswerkstatt
Flößberg hatten sich zuvor vehement gegen diese
Absicht ausgesprochen.
Die Ausgangslage: Mindestens 225 Menschen
starben einst im Außenlager des KZ Buchenwald,
das im November 1944 im Großen Fürstenholz bei
Flößberg angelegt wurde. Dort befindet sich
deshalb ein Häftlingsfriedhof. Die Anzahl der
an diesem Ort bestatteten jüdischen Opfer ist
nicht exakt bekannt. Von 22 bis mindestens 38
Beigesetzten wird gesprochen. Die Toten des
Flößberger Außenlagers sind bereits an vier
verschiedenen Orten bestattet. Einige fanden
auf dem Ostfriedhof in Leipzig ihre letzte
Ruhestätte. Andere wurden zurück ins KZ
Buchenwald überführt, die Toten der letzten
Monate in Massengräbern im Wald bei Flößberg
verscharrt. Nach der Befreiung durch die
US-Truppen wurden bereits 98 tote Häftlinge
nach Borna umgebettet.
Fakt ist: Der Häftlingsfriedhof in Flößberg
befindet sich in einem erbärmlichen Zustand,
entspricht nicht mehr den Forderungen des
Gräbergesetzes. Bürgermeister Wolfgang Hiensch
benannte einige der Folgen: "Die Gräber müssten
ein dauerhaftes Grabzeichen haben. Um das
Friedhofsgelände wirksam vor Wildschäden zu
schützen, müsste ein Wildzaun mit einem
Überlaufschutz für Schwarzwild installiert
werden. Ein öffentlicher Zugang wäre nötig.
Die finanziellen Aufwendungen wären erheblich,
auch die Unterhaltung nach einer möglichen
Sanierung."
Deshalb sahen Verwaltung und eine
Stadtratsmehrheit im Vorschlag der
Landesdirektion Chemnitz und des Volksbundes
Deutsche Kriegsgräberfürsorge, die auf dem
Häftlingsfriedhof bestatteten Toten nach Borna
umzubetten, eine gute Lösung. Zumal die Behörde
die Kosten dafür tragen würde.
Ganz anderer Meinung ist der Verein
Geschichtswerkstatt Flößberg. "Zum einen
betrachten wir das als massive und ethisch
nicht zu rechtfertigende Störung der Totenruhe",
ließ dessen Vorsitzender Stefan Walter wissen.
Zum anderen befürchtet der Verein, dass durch
die Umbettung das Lager als solches längerfristig
wieder in Vergessenheit gerate. Die Entwürfe
Leipziger Architekturstudenten für eine neue
Gedenkstätte wären unter der Voraussetzung
entstanden, dass der Friedhof als zentraler
Ort des Gedenkens in Flößberg erhalten bliebe.
"Der Häftlingsfriedhof wurde seit 1946 als
zentraler Gedenkort in Flößberg genutzt und
als solcher stets wahrgenommen. Erst nach 1990
und nicht zuletzt durch Versäumnisse von Behörden
geriet er zunehmend zum Sanierungsfall", so
Walter. Deshalb sieht der Verein die langjährige
Arbeit an einer angemessenen
Gedenkstättenkonzeption in Flößberg durch die
Umbettungspläne gefährdet.
Die dreiköpfige Fraktion der Partei Die
Linke teilt diesen Standpunkt. Stadtrat Eberhard
Schneidenbach verwies zudem darauf, dass auch
der Ehrenhain in Borna deutliche Mängel aufweise,
grundlegend saniert werden müsse. Die Fraktion
beantragte deshalb, die Abstimmung zu verschieben.
Der Geschichtswerkstatt Flößberg sollte in
einer der nächsten Sitzungen ermöglicht werden,
ihr Konzept vorzustellen. In einer gemeinsamen
Beratung der Städte Frohburg und Borna mit
Vertretern des Landratsamtes, der
Geschichtswerkstatt, der Landesdirektion
Chemnitz und dem Volksbund Deutscher
Kriegsgräberfürsorge sowie weiterer Bürger
und Verbände solle nach Lösungen gesucht
werden. Dieser Antrag wurde bei vier
Gegenstimmen abgelehnt.
Klaus Leroff, Geschäftsführer der
Landesgeschäftsstelle Sachsen des Volksbundes,
räumte in der Stadtratssitzung zwar ein, dass
die Bornaer Anlage wirklich zuvor in Schuss
gebracht werden müsse. Es gäbe aber bereits
einen Architektenentwurf dafür. Leroff ließ
jedoch keinen Zweifel daran, dass es die
bessere Lösung sei, so zu verfahren. "In Borna
könnten wir dann einen jüdischen Friedhof
einrichten, um den Toten das Ansehen und die
Würde zukommen zu lassen, die ihnen zusteht -
mit den Namen der Opfer, einer ewigen Flamme...",
sagte er. Auch der Landesverband Sachsen der
Jüdischen Gemeinden hätte schon Zustimmung
signalisiert. Bei einer Exhumierung könne
zudem exakt festgestellt werden, wie viele
Tote in Flößberg begraben wurden und eventuell
Hinweise zu ihrer Identität gefunden werden.
Die Pläne der Geschichtswerkstatt sehe es
deshalb nicht gefährdet. "Das Projekt ist
sehr gut, aber nicht abhängig, ob der Friedhof
bleibt oder nicht."
Bei drei Gegenstimmen der Linksfraktion
und einer Enthaltung von Stadtrat Wolfgang
Aurich (CDU) erhielt die Umbettungsabsicht
Rückendeckung.
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