Vorschlag
der Landesdirektion Chemnitz sorgt weiter für
Wirbel / Frohburger Bürgermeister Hiensch: Es
fehlt am Geld
Flößberg.
Der 9. November ist ein Tag der Mahnung - auch
für die Mitglieder der Geschichtswerkstatt
Flößberg. 1938 begann mit der Reichspogromnacht
in großem Maßstab die Drangsalierung und Verfolgung
jüdischer Mitbürger. An die Schrecken zu erinnern,
um daraus Lehren zu ziehen, ist Anliegen des
Vereins. Deshalb auch wollen die Flößberger am
ehemaligen Außenlager des KZ Buchenwald nahe ihres
Ortes eine Gedenkstätte in Form von
Landschaftsinstallationen einrichten und den
dortigen Häftlingsfriedhof dauerhaft bewahren.
Für Letzteres erhielten sie durch die erneute
eindeutige Stellung des Landesverbandes Sachsen
der Jüdischen Gemeinden gegen eine Umbettung
Auftrieb. Das Außenlager des KZ Buchenwald, das
im heutigen Frohburger Ortsteil Flößberg zwischen
November 1944 und April 1945 existierte, soll
Stätte der Mahnung und des Gedenkens bleiben.
"Denn es stellt einen der Hauptschauplätze
nationalsozialistischer Verbrechen im Landkreis
Leipzig dar. An keinem anderen Ort im Landkreis
fielen mehr Menschen der menschenverachtenden
Rassenideologie des NS-Regimes zum Opfer",
begründet das Katrin Henzel vom Verein
Geschichtswerkstatt Flößberg. Der
Häftlingsfriedhof mit 38 jüdischen Einzelgräbern
stelle das wichtigste authentische Zeugnis des
Lagers dar.
Doch seit Längerem sorgt ein Vorschlag der
Landesdirektion Chemnitz vor Ort für Wirbel. Die
Opfer sollten doch möglichst nach Borna
umgebettet werden, vor allem, weil sich das
jetzige Friedhofsareal nicht gerade in einem
gutem Zustand befindet, wurde angeregt (die LVZ
berichtete). Letzteres stimmt zweifellos.
Dennoch stieß dieses Ansinnen vor Ort und
darüber hinaus auf Ablehnung. Sowohl der Verein
Geschichtswerkstatt Flößberg wie die Mitglieder
eines überparteilichen Runden Tisches, der sich
im Mai im Landkreis mit Vertretern der
demokratischen Parteien, der Evangelischen
Landeskirche sowie Vereinen und Institutionen
konstituierte, aber auch Gedenkinitiativen aus
dem Bundesgebiet setzten sich für den Erhalt
des Häftlingsfriedhofs in Flößberg ein.
Dass
nunmehr in einer zweiten Stellungnahme der
Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden
in Übereinstimmung mit dem Zentralrat der
Juden in Deutschland vehement gegen eine
Umbettung ist, gibt den Bestrebungen
Oberwasser. Für das Veto hätten
"religionsgesetzliche Grundsätze" den Ausschlag
gegeben, erklärt der Verbandsvorsitzende
Heinz-Joachim Aris.
Die Geschichtswerkstatt Flößberg appelliert
daher an die Landesdirektion Chemnitz, den
Volksbund für Kriegsgräberfürsorge sowie die
Kommunen Frohburg und Borna, die Stellungnahme
ernst zu nehmen und einen drohenden Imageschaden
für die Region schnellstmöglich abzuwenden. "In
Anbetracht der beunruhigenden Tatsache, dass
mittlerweile fast wöchentlich Neonazis durch
unsere Städte und Kommunen ziehen und die
Vergangenheit leugnen, ist dem Vergessen
entschieden entgegenzutreten", so Stefan Walter,
gemeinsam mit Henzel Vorsitzender des Vereins.
Vom Runden Tisch sei gemeinsam mit
Fachvertretern der Friedhofspflege, dem
Forstamt, aber auch Anliegern wie der Osterland
Agrar GmbH Frohburg seither in mehreren
Arbeitstreffen konstruktiv und zielorientiert
an einer Lösung gearbeitet worden, um den
Häftlingsfriedhof zu erhalten und ihn in ein
Gesamtkonzept einzubinden. "Mittlerweile liegt
ein konkreter und kostenbewusster
Sanierungsvorschlag für den Friedhof vor.
Erstes Ziel ist dabei, endlich eine sichernde
Umzäunung zu errichten", informiert Henzel.
Mit der erneuten Wortmeldung der Jüdischen
Gemeinden sieht die Geschichtswerkstatt auch
die Kommunen in der Verantwortung, sich
deutlich aktiver als bisher in den
Gestaltungsprozess der Erinnerungsorte
einzubringen. "Ein regelmäßiges Mitwirken der
Kommunen am Runden Tisch wäre hier ein erster
Schritt. Die gemeinsame Arbeit an würdigen
Gedenkorten in Flößberg und Borna ist auch
ein klares Zeichen gegen das Vergessen", so
Walter.
Hiensch sah dagegen vorgestern in der
Stadtratssitzung "für Aktionismus und
Populismus" keinen Anlass. "Nach wie vor gibt
es andere Prioritäten in und für die
Entwicklung in Frohburg beziehungsweise wohl
auch in Flößberg", tat er kund. Noch habe er
keine schriftliche Information der
Landesdirektion Chemnitz. Gehe die ein,
würden die Sachlage und gegebenenfalls
konzeptionelle Vorstellungen für 2011
aufbereitet. "Ich gehe aber davon aus, dass
die Stadt nicht in der Lage sein wird,
künftig erhebliche finanzielle Mittel
einzuplanen, um den Friedhof herzustellen
und zu unterhalten."