"Dem Vergessen entgegentreten"
Borna

Borna (ie). Andor Neumann, Miklos Berger, Abram Löwy - mit dem Verlesen dieser und 95 weiterer Namen wurde gestern im Ehrenhain Borna der Opfer des KZ-Außenlagers Flößberg gedacht. Symbolisch erhielten die Toten damit ihre Identität zurück, die ihnen in NS-Lagern wie Buchenwald und Flößberg geraubt worden war.

Etwa 30 Bürger waren gestern der Einladung des Vereins Geschichtswerkstatt Flößberg nach Borna gefolgt. Kurzfristig war die Veranstaltung dorthin verlegt worden. Aufgrund erster Sanierungsmaßnahmen ist das Gelände des Häftlingsfriedhofs im Flößberger Wald zurzeit nicht begehbar.

Wie wichtig es ist, in Form von Gedenkveranstaltungen an die Geschehnisse vor nunmehr 66 Jahren zu erinnern, betonte Stephen P. Casey, einer der wenigen noch lebenden ehemaligen Lagerinsassen von Flößberg.

Als ungarischer Jude war er zusammen mit seiner Familie im Jahre 1944 deportiert worden. Von 41 Familienangehörigen überlebten außer ihm nur vier den Holocaust. In seiner Grußbotschaft unterstrich Stephen P. Casey daher: "Die heutige Veranstaltung hilft, dem Vergessen entgegenzutreten. Sie hilft Ihnen, hilft mir, hilft der ganzen Menschheit."

Standpunkt: Gedenken als gemeinsame Aufgabe
von Inge Engelhardt

Der 27. Januar ist seit nunmehr 15 Jahren in Deutschland ein nationaler Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Die Wahl fiel auf dieses Datum, weil am 27. Januar 1945 die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau befreit wurden. Dieses Lager steht für den Völkermord und die Millionen Opfer des Nazi-Regimes.

Ihrer zu gedenken, ist moralisch - und nicht politisch. Die Erinnerung an den Holocaust sollte keiner ideologischen Vereinnahmung folgen, sondern als gemeinsame Aufgabe verstanden werden, unterstrich bei der Gedenkveranstaltung gestern in Borna der frühere Landrat Karlheinz Bauer. Er betonte den Versöhnungsgedanken, der durch das Erinnern möglich sei.

Auch in Borna und anderen Kommunen wehten die Flaggen gestern auf Halbmast - gefährlich, wenn viele nicht mehr wissen, warum. Den Ort des Gedenkens in Geithain vor der gestrigen Gedenkveranstaltung zu beschmieren, ist zu verurteilen.
Text: Leipziger Volkszeitung (28.01.2011)
Foto: Günther Hunger
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