Staatsschutz
ermittelt nach Straftat in Flößberg /
Geschichtswerkstatt und Politiker verurteilen
die Schändung
Frohburg/Borna.
Für Empörung sorgen nationalsozialistische
Schmierereien am Tor des ehemaligen
KZ-Außenlagers in Flößberg, die jetzt bekannt
wurden. Die Stadt Frohburg hat Strafanzeige
gestellt. Der Staatsschutz ermittelt, gestern
war die Polizei vor Ort. Im ehemaligen
KZ-Außenlager von Buchenwald im "Großen
Fürstenholz" in Flößberg kamen 235 Menschen
ums Leben.
"Der KZ-Häftlingsfriedhof Flößberg ist in
den vergangenen Tagen geschändet worden.
Unbekannte sprühten dabei mit schwarzer Farbe
Hakenkreuze sowie eine antisemitische Parole
auf das neu errichtete Eingangstor zum
Friedhof", informieren Stefan Walter und
Katrin Henzel vom Geschichtswerkstatt
Flößberg e.V.
"Unerträgliche Verhöhnung"
"Die Geschichtswerkstatt Flößberg
verurteilt diesen mutmaßlich rechtsradikalen
Vorfall aufs Schärfste. Es ist eine
unerträgliche und nicht hinnehmbare
Verhöhnung von Verstorbenen und deren
Religion. Die Täter müssen überführt und zur
Verantwortung gezogen werden", fordern Walter
und Henzel im Namen der Vereinsmitglieder.
Gleichzeitig versichern sie, der
Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. werde am
eingeschlagenen Weg des Erinnerns an das
KZ-Außenlager Flößberg festhalten. "Der
Vorfall zeigt dabei die Dringlichkeit des
Erinnerns auf", betonen sie. Das Feld der
Geschichte könne nicht rassenideologischen
Fanatikern überlassen werden, die sich, wie
die Schändung des Friedhofs deutlich mache,
über Menschenrechte hinwegsetzen und
einzelnen Individuen ihre Existenz absprechen.
Am 31. Juli bei der Mondscheinfahrt zum
Schleppertreffen sei die Schmiererei entdeckt
worden, nachdem am 28. Juli noch alles in
Ordnung gewesen sei, heißt es in der
Frohburger Stadtverwaltung. Die Kommune habe
am 2. August Strafanzeige bei der Polizei
gestellt, bestätigte das Rathaus gestern auf
Nachfrage unserer Zeitung. Ebenfalls gestern
habe Bürgermeister Wolfgang Hiensch den
Auftrag zur Beseitigung der
Sachbeschädigungen ausgelöst.
Staatsschutz ermittelt
Die Anzeige der Stadt war bei der Polizei
offensichtlich zunächst nicht auf dem
richtigen Schreibtisch gelandet. Erst durch
die Anfrage dieser Zeitung sei der Vorfall
bei der Polizei bekannt geworden, erklärte
gestern Christian Mörschke, Pressesprecher
der Polizeidirektion Westsachsen. Nun
ermittele der Staatsschutz, gestern waren
Polizeibeamte vor Ort im Fürstenholz,
fotografierten die Beschädigungen und
sicherten Spuren.
"Die Beschmierungen des neuerrichteten
Friedhofstores verurteile ich scharf",
erklärt auch Georg-Ludwig von Breitenbuch,
CDU-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der
CDU Landkreis Leipzig. Schon seit längerer
Zeit begleite und unterstütze er das Bemühen
der Stadt Frohburg und des
Geschichtswerkstatt Flößberg e.V., dem
Häftlingsfriedhof wieder ein würdiges
Aussehen zu geben.
"Ich schäme mich"
"Ich schäme mich gegenüber den Opfern und
deren Nachkommen", erklärt von Breitenbuch.
Die Unmenschlichkeit, noch den Nachkommen der
Opfer von Krieg und Gewalt solche Hassparolen
zuzumuten, zeige deutlich: "Hier handelt es
sich nicht mehr um jugendliche Sorglosigkeit
und Übermut. Hier handelt es sich auch nicht
mehr um eine politische
Parteienauseinandersetzung. Hier handelt es
sich klar um Straftaten. Die Täter begehen
juristisches Unrecht, sind kriminell und
werden entsprechend von Staatsanwaltschaft
und Polizei verfolgt und bestraft", so von
Breitenbuch, der weiter erklärt: "Wenn nicht
einmal die Toten in Frieden ruhen dürfen,
zeigen die Täter uns allen klar und deutlich
auf, wie sie mit uns Lebenden umgehen würden,
wenn sie wieder an der Macht wären. Wenn
nicht einmal die Toten in Frieden ruhen
dürfen, sind wir gewarnt, weiterhin
entschieden den Rechtsstaat und den Frieden
in unserem Land zu bewahren."
Empört reagierte auch der Kreisverband
Westsachsen der Linkspartei. "Wir verurteilen
diese Tat auf das Schärfste. Sie reiht sich
ein, in die lange Liste der neonazistischen
Straftaten im Landkreis Leipzig. Wir hoffen,
dass dieser feige Anschlag schnellstmöglich
aufgeklärt wird", erklärte deren
Pressesprecher René Jalaß.
Das Außenlager des KZ Buchenwald im
"Großen Fürstenholz" in Flößberg wurde im
November 1944 errichtet und bestand aus zehn
bis 14 Häftlingsbaracken, mehreren Bewacher-
und Arbeitsgebäuden. Mehr als 1.900
Häftlinge, zumeist ungarische und polnische
Juden, zwangsverpflichtete Franzosen, Belgier
und Holländer durchliefen bis Mitte April
1945 das Lager und mussten unvorstellbar
schwer arbeiten. In dieser Außenstelle des
Hasag-Werkes wurden Panzerfäuste hergestellt.
235 Menschen starben hier
Nachweislich sind im Lager 235 Menschen
umgekommen. 38 der Opfer wurden im Frühsommer
1945 in Einzelgräbern im Flößberger Wald neu
bestattet, so entstand der "Flößberger
Friedhof".
Im Zuge der eingeleiteten
Sanierungsarbeiten auf der Grabstätte war das
nun beschädigte Tor erst vor kurzem neu
gesetzt worden. Es verweise symbolisch auf
den jüdischen Hintergrund der im
KZ-Außenlager Flößberg umgekommenen Opfer, so
die Geschichtswerkstatt.