Die Gemeinsamkeiten von Juden und Sachsen
Bernd-Lutz Lange liest im Stadtkulturhaus zugunsten der Flößberg-Initiative

Borna. Zahlreich strömten die Besucher vorgestern Abend zur Benefizlesung des bekannten Leipziger Kabarettisten Bernd-Lutz Lange im Bornaer Stadtkulturhaus. Er ist Schirmherr für die "Initiative Flößberg gedenkt", der der Erlös der Veranstaltung zugute kommt, und stellte auch sein Buch "Das Leben ist ein Purzelbaum" vor.

"Es ist nicht zu unterschätzen, dass dieser Ort des Grauens in Vergessenheit gerät", sagte Andreas Woda, Vorstand der VR Bank Leipziger Land und Mitglied der Initiative, zu Beginn und erinnerte an das ehemalige KZ-Außenlager Flößberg. Dort mussten die Häftlinge für die Rüstungsindustrie arbeiten. Über 200 fanden dort den Tod. "So etwas darf nirgendwo mehr geschehen", resümierte Woda bestimmt. Deshalb soll in Flößberg eine würdige Gedenkstätte geschaffen werden, für die der Verein auch an diesem Abend Spendengelder sammelte. "Die Menschen sollen sich vor Ort ein Bild machen", erklärte Initiatorin Kathrin Henzel: "Es ist wichtig, dass sich viele Menschen und viele Generationen damit beschäftigen."

Und so suchte sich die Initiative für ihre Benefizveranstaltung einen ganz besonderen Gast - eben Bernd-Lutz Lange. Es war dem Kabarettisten anzumerken, dass ihm Veranstaltungen wie diese eine Herzensangelegenheit sind. "Das Thema beschäftigt mich schon lange." Es habe ja lange keine regionale Aufarbeitung des Themas gegeben. Lange wies auf die Gemeinsamkeiten von Juden und Sachsen hin. "Die Sachsen und die Juden haben den gleichen Humor", stellte er fest. Erstens hätten beide einen hohen Grad an Selbstironie, und zweitens hätten beide einen Humor, der um die Ecke gehe und sich erst später erschließe.

Nach der kurzen und spannenden Einführung begann der Kabarettist seine Lesung und stellte sein Buch "Das Leben ist ein Purzelbaum" vor. Eine Sammlung von Leipziger Anekdoten. "Ich habe in meinem Leben viel gesammelt, unter anderem auch Anekdoten." Lange klärte das Publikum auch über den Begriff der Anekdote auf. Er habe es selbst nachgeschlagen, die Anekdote sei etwas noch nicht Herausgegebenes, noch nicht Veröffentlichtes, eine kurze, oft witzige Geschichte, zur Charakterisierung einer bestimmten Persönlichkeit oder sozialen Schicht. Und nach diesem Motto trug er seine gesammelten Anekdoten über Leipziger Leute und Berühmtheiten vor. Angefangen von den Malerkreisen über Schriftstelleranekdoten bis hin zu Schauspielern und Musikern. Das Publikum dankte mit zustimmendem Gemurmel und herzlichem Applaus.

Musikalisch und thematisch abgerundet wurde der Abend von Klaus-Dieter Anders, dem Leiter der Musik- und Kunstschule "Ottmar Gerster". Er begleitete seine Klarinettenschülerin, die zehnjährige Henriette Urban, auf der Gitarre. Gemeinsam spielten sie jüdische Musik.

Manuela Krause, SPD-Stadträtin und aktiv in der Flößberg-Initiative, freute sich mit dem SPD-Kreisvorsitzenden Oliver Urban nach der Veranstaltung darüber, dass die Eintrittsgelder an die Initiative gehen. "Dafür sind wir sehr dankbar", erklärte die 45-jährige weiter. Die aktuelle Situation auf dem Flößberger Häftlingsfriedhof, auf dem 235 Opfer begraben sind, gilt als unbefriedigend. Herzenswunsch der Initiative ist eine Landschaftsinstallation als sichtbares Zeichen der Erinnerung.
Text: Ines Neumann, Leipziger Volkszeitung (02.03.2013)
Foto: Ines Neumann
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