Rückblick
Ein Rückblick in Wort, Bild und Ton zu einer Veranstaltung der katholischen Gemeinde St. Joseph Borna.
Nach schwerer Krankheit ist Joseph Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI., am Silvestertag im Alter von 95 Jahren gestorben.
Abschied für immer: Die Welt gedenkt Benedikt XVI.
Von 2005 bis zu seinem Amtsverzicht 2013 war Joseph Ratzinger Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.

Rom. Papst Franziskus hat den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. am Neujahrstag (1. Januar 2023) für seinen Dienst in der Kirche gewürdigt. "Wir alle schließen uns mit einem Herzen und einer Seele zusammen, im Danken an Gott für das Geschenk dieses treuen Dieners des Evangeliums und der Kirche", sagte das katholische Kirchenoberhaupt in seiner sonntäglichen Ansprache. In diesen Stunden werde die Fürbitte der Gottesmutter besonders für Benedikt erbeten, erklärte der 86-jährige weiter.

Die zahlreichen Gläubigen, Pilger und Besucher auf dem Petersplatz applaudierten nach den Worten Franziskus' über Benedikt. Joseph Ratzinger, so sein bürgerlicher Name, war am Samstagmorgen (31. Dezember 2022) im Kloster Mater Ecclesiae gestorben, das in den Vatikanischen Gärten liegt. Er wurde 95 Jahre alt. Franziskus war der Erste, der kurz nach seinem Tod dorthin kam und bei seinem leblosen Körper betete, wie es aus dem Vatikan hieß.

Anlässlich des Todes Ratzingers soll in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin ein Kondolenzbuch ausgelegt werden. Zur Eröffnung des Kondolenzbuches wollen sich am Montag der Apostolische Nuntius, Erzbischof Nikola Eterovic, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, dort eintragen, teilten die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn und das katholische Erzbistum Berlin mit.

Das Erzbistum Köln feiert am nächsten Samstag ein Requiem für den gestorbenen Benedikt XVI. Am 7. Januar um 12:00 Uhr werde ihm mit einem feierlichen Gottesdienst im Kölner Dom gedacht, kündigte das Erzbistum an. In Rom wird am Donnerstag (5. Januar) Papst Franziskus der Trauerfeier für den Verstorbenen vorstehen. Sein Leichnam werde von Montag an im Petersdom aufgebahrt. Benedikt XVI. war der erste deutsche Papst seit der frühen Neuzeit. Er stand von 2005 bis zu seinem freiwilligen Rücktritt 2013 an der Spitze der katholischen Kirche.
Text: Leipziger Volkszeitung (02.01.2023)
Foto: Ettore Ferrari

Die Hände sind zum Gebet gefaltet: Der verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. wird im Petersdom aufgebahrt.
Ein Begräbnis nach eigenen Regeln
Beisetzungsfeierlichkeiten für Benedikt XVI. auf dem Petersplatz – Scholz und Steinmeier reisen an

Rom. Das Zusammenleben mit seinem Vorgänger hatte Franziskus schon zu Lebzeiten Benedikts XVI. vor heikle Fragen gestellt – und tut es nun auch über dessen Tod hinaus. Zwar gibt es für die Bestattung von Päpsten ein jahrhundertealtes Protokoll, aber noch nie hat ein amtierender Papst seinen Vorgänger beerdigt. Die zentrale Schwierigkeit: Dem emeritierten Vorgänger soll die ihm gebührende Ehre erwiesen werden, ohne dabei die Autorität des amtierenden Papstes zu berühren oder gar infrage zu stellen.

Der emeritierte Papst war am Silvestermorgen (31. Dezember 2022) um 9:34 Uhr im Kloster Mater Ecclesiae, wo er seit seinem Amtsverzicht im Februar 2013 zurückgezogen gelebt hatte, im Alter von 95 Jahren verstorben. Sein Nachfolger Papst Franziskus war als Erster an sein Totenbett geeilt, um für den Verstorbenen zu beten. Zunächst wurde Benedikt XVI. für zwei Tage im Kloster aufgebahrt, am 2. Januar wurde der Leichnam in den Petersdom überführt. Die Überführung erfolgte ohne große Zeremonie. Und auch die Glocken von St. Peter läuteten nicht. Denn diese hatten für Benedikt XVI. schon am Tag seines offiziellen Amtsverzicht, am 28. Februar 2013, geläutet.

Die Begräbnisfeier, die an diesem Donnerstag (5. Januar 2023) um 9:30 Uhr auf dem Petersplatz beginnt, wird sich nicht wesentlich von derjenigen anderer Päpste unterscheiden – außer natürlich darin, dass die Messe vom amtierenden Papst persönlich geleitet wird, ein bisher einmaliger Vorgang. Eine weitere nicht unwichtige Abweichung besteht darin, dass zwischen dem Tod und der Bestattung nur fünf statt wie üblich neun Tage verstreichen. Auch dafür gibt es protokollarische Gründe: Normalerweise hat der Tod eines Papstes eine "Sedisvakanz" zur Folge, also eine Zeit, in der der Heilige Stuhl verwaist ist.

Aus Joseph Ratzingers deutscher Heimat werden unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder anreisen. Aber auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher als Präsident des Bundesrates sowie Stephan Harbarth, der Chef des Bundesverfassungsgerichts, werden der Delegation angehören.

Der ehemalige Papst wird in den Vatikanischen Grotten, also in der weit verzweigten Krypta des Petersdoms, beigesetzt, wo die meisten Päpste bestattet sind. Seine letzte Ruhestätte findet Benedikt XVI., wie er es sich gewünscht hat, im ehemaligen Grab von Johannes Paul II. Die sterblichen Überreste von Karol Wojtyla waren nach dessen Heiligsprechung im Jahr 2014 in eine Seitenkapelle des Petersdoms transferiert worden.
Text: Dominik Straub, Leipziger Volkszeitung (05.01.2023)
Foto: Ben Curtis/AP/dpa

Würdevoller Abschied: Mehr als 400 Geistliche versammelten sich auf dem Petersplatz (1. Foto). Papst Franziskus segnete den Sarg des Verstorbenen (5. Foto), während zehntausende Gläubige vor den Petersdom strömten (3. Foto). Auch deutsche Politiker nahmen an der Messe teil, darunter Innenministerin Nancy Faeser, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (2. Foto). Besondere Geste: Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein küsste den Sarg (4. Foto).
"Möge deine Freude vollkommen sein"
Zehntausende nahmen auf dem Petersplatz Abschied vom ehemaligen Papst Benedikt XVI. – Papst Franziskus leitete die Messe

Rom/Vatikanstadt. "Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du die Stimme des Herrn nun endgültig und für immer hörst", sagte Franziskus in seiner Predigt während der Totenmesse auf dem Petersplatz in Rom. Dazu muss man wissen, dass Jesus in der katholischen Kirche oft als Bräutigam bezeichnet wird. "Auch wir, die wir fest mit den letzten Worten des Herrn und dem Zeugnis, das sein Leben geprägt hat, verbunden sind, möchten als kirchliche Gemeinschaft in seine Fußstapfen treten und unseren Bruder den Händen des Vaters anvertrauen", sagte der Papst weiter.

Es war eine ganz und gar ungewöhnliche Zeremonie gestern (Donnerstag, 5. Januar 2023) auf dem kühlen und nebligen Petersplatz: Noch nie zuvor in der zweitausendjährigen Geschichte der katholischen Kirche hat ein Papst einen anderen Papst beerdigt. Doch abgesehen davon unterschied sich die Feier zumindest optisch kaum von früheren Papstbegräbnissen: Zahlreiche Staatsgäste waren angereist, darunter der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz, und vor der Petersbasilika und auf dem Petersplatz hatten sich laut Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa nicht weniger als 130 Kardinäle und 300 Bischöfe versammelt.

Der Petersplatz, auf dem sich trotz des misslichen Wetters bereits in den frühen Morgenstunden die ersten Gläubigen und Pilger eingefunden hatten, war zu Beginn der Totenmesse praktisch voll besetzt. Ein großes Sicherheitsaufgebot von tausend Beamten kontrollierte die Eingänge zur Piazza; die unmittelbar angrenzenden Straßen waren zur "roten Zone" erklärt worden und für jeglichen Verkehr gesperrt. Bereits in den letzten drei Tagen, als der Leichnam Benedikts XVI. im Petersdom aufgebahrt war, hatten rund 160.000 Menschen dem ehemaligen Papst die letzte Ehre erwiesen.

"Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht", so Franziskus. "Wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste." Ansonsten ging der Papst, der in seinem Rollstuhl zum Altar geschoben wurde, nicht näher auf das Leben und Wirken seines Vorgängers ein – er hatte Benedikt XVI. bereits bei der Generalaudienz am Tag vor der Beerdigungsfeier gewürdigt.

Der Leichnam von Benedikt war schon am Vorabend der Trauermesse in einen Sarg aus Zypressenholz gelegt worden. Als der Sarg um 8:50 Uhr aus dem Petersdom vor den Altar vor der Kirche getragen wurde, brandete auf dem Petersplatz erstmals Applaus auf und es gab, wie bei der Beerdigung von Johannes Paul II. im Jahr 2005, auch "Santo subito"-Rufe, also die Aufforderung an den amtierenden Papst, den Verstorbenen umgehend heiligzusprechen. Als die Träger den Sarg vor den Altar gelegt hatten, stand Benedikts langjähriger Vertrauter und Privatsekretär Georg Gänswein von seinem Platz auf, um mit einer besonderen Geste Abschied zu nehmen: Der Erzbischof beugte sich über den Sarg und küsste ihn.

Nach der von Franziskus geleiteten und vom italienischen Kardinaldekan Giovanni Battista Re zelebrierten Totenmesse hoben die Träger den Sarg um 10:45 Uhr wieder auf ihre Schultern, um ihn in die Petersbasilika zu tragen. Dabei kam es zu einer berührenden Szene: Franziskus, der gestützt auf seinen Gehstock vor dem Eingang der Kirche stand, hielt die Prozession auf, legte seine Hände auf den Sarg und segnete ihn. Dabei deutete er auch eine Verneigung vor seinem Vorgänger an. Anschließend wurde Benedikt XVI. in der Krypta der Peterskirche beigesetzt. Seine letzte Ruhestätte fand Joseph Ratzinger, wie er es sich gewünscht hatte, im ehemaligen Grab von Johannes Paul II. Die sterblichen Überreste von Karol Wojtyla waren nach seiner Heiligsprechung durch Franziskus im Jahr 2014 in eine Seitenkapelle des Petersdoms transferiert worden.

Ins Grab des früheren Papstes wurde auch das sogenannte Rogitum gelegt, die offizielle lateinische Pontifikatsurkunde mit den wichtigsten Angaben zum Leben des Verstorbenen. Der Vatikan hat gestern den Inhalt veröffentlicht. In der Urkunde heißt es, Benedikt XVI. habe den Dialog mit den Anglikanern, den Juden und den Anhängern anderer Religionen gefördert und als Theologe von anerkannter Autorität habe er ein reiches Erbe an Studien und Forschungen über die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens hinterlassen. Weiter wird im Rogitum festgehalten, dass er "entschlossen gegen Verbrechen, die von Geistlichen an Minderjährigen oder schutzbedürftigen Personen begangen wurden", gekämpft und dass er die Kirche immer wieder zu Umkehr, Gebet, Buße und Läuterung aufgerufen habe.
Text: Dominik Straub, Leipziger Volkszeitung (06.01.2023)
Fotos: Ben Curtis/dpa, Cecilia Fabiano/dpa, Michael Kappeler/dpa & Alessandra Tarantino/dpa

Gottsucher voller Widersprüche

Rom. Es war eine lange letzte Reise. "Ich hätte nicht gedacht, dass die Himmelstür so weit entfernt ist", zitierte Erzbischof Georg Gänswein vor ein paar Jahren den emeritierten Papst Benedikt XVI. über die Zeit zwischen seinem Rücktritt und seinem Tod. Nun ist Joseph Ratzingers irdisches Leben beendet. Eine große, aber auch umstrittene Gestalt der jüngeren Kirchengeschichte ist tot.

Joseph Ratzinger war berühmter Theologe, Kirchenfürst, Papst, aber zeitlebens vor allem eins: Frommer Gutsucher. Als "Mitarbeiter der Wahrheit", so sein bischöflicher Wahlspruch, wollte er einen großen und gnädigen Gott verkünden. Nicht zufällig hieß seine erste Enzyklika als Papst "Gott ist die Liebe". In der Auseinandersetzung um das Münchner Missbrauchsgutachten drückte er seine Zuversicht aus, dass "der Herr nicht nur der gerechte Richter ist, sondern zugleich der Freund und Bruder". Persönlich war Joseph Ratzinger wohl ein lauterer, vielleicht naiver Mensch. In der persönlichen Begegnung war er trotz der hohen Ämter bescheiden und fast scheu.

Konzilstheologe und oberster Glaubenshüter

Seine kirchliche Karriere begann als Konzilstheologe. Als junger Professor beriet er Kardinal Joseph Frings und dürfte so maßgeblichen Einfluss auf das Zweite Vatikanische Konzil gehabt haben. Professor blieb er zeitlebens. Er schrieb Bücher, päpstliche Reden erinnerten an Vorlesungen.

Als Kardinalspräfekt der Glaubenskongregation in Rom war er oberster Glaubenshüter und lieferte den theologischen Unterbau für das Pontifikat von Johannes Paul II. Schon weit vor seiner Amtszeit als Papst prägte Ratzinger so die Weltkirche. Er verstand seine Aufgabe darin, Glaube und Kirche rein zu halten, sich gegen aus seiner Sicht falsche Kompromisse einzusetzen. Ein Schlüssel, um diese Seite von Joseph Ratzinger zu verstehen, ist sicher seine Herkunft: Zeitlebens empfand er seine bayerische Heimat und den Katholizismus seiner Kindheit nicht als Enge, sondern als Geborgenheit.

Schließlich wurde aus Joseph Ratzinger aus Marktl am Inn Papst Benedikt XVI. Manchmal wirkte er in seiner neuen Rolle wie befreit, lächelte und winkte. Doch sein Pontifikat war auch geprägt von Missverständnissen, die er etwa durch die Regensburger Rede oder bei er Rücknahme der Exkommunikation der traditionalistischen Piusbrüder hervorrief. Es gelang ihm aber, diese Missverständnisse durch Dialog und Gesten wettzumachen.

Kritik an Reaktion auf Missbrauchsgutachten

Anders am Ende seines Lebens: Im Frühjahr 2022 warf ihm ein Gutachten Fehler im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising vor. Seine Reaktion erschien vielen, auch innerkirchlichen Beobachtern, nicht angemessen. Sie vermissten ein Eingeständnis persönlicher Verantwortung. Dabei hatte er sich doch als Papst entschieden gegen den Missbrauch in der Kirche eingesetzt, setzte den von Johannes Paul II. geschützten Gründer der Legionäre Christi ab und traf sich mehrfach mit Missbrauchsopfern. So bleibt Joseph Ratzinger ein Mensch mit Widersprüchen. Fast tragisch ist, dass von dem berühmten Theologen auf jeden Fall eine Entscheidung in die Geschichtsbücher eingehen wird: Sein Rücktritt vom Papstamt 2013. Fast zehn Jahr vor seinem Tod.
Text: Ulrich Waschki, Tag des Herrn (08.01.2023)
Foto: Stefano Spaziani/picture alliance
[zurück]