Rückblick
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Idee: Beide Gemeinden unter katholischem Kirchendach
Deutzen könnte Ort eines ökumenischen Zentrums werden

Deutzen. Die evangelische Kirche in Deutzen ist in Not: Ihr Treff, das kleine Gustav-Adolf-Haus, fällt bald zusammen. Jetzt gibt es die Idee, die katholische Kirche nebenan als ökumenisches Zentrum auszubauen.

Zur Geschichte: Das Gustav-Adolf-Werk in Schweden engagiert sich für kleine Kirchgemeinden in Gegenden, die dem Glauben nicht wohl gesonnen sind. Eine solche war in den 60er Jahren die evangelische Gemeinde in Deutzen - eine kleine Schar Christen in einer atheistischen Bergbauregion. Deshalb wollte das Werk am Ortseingang eine evangelische Kirche bauen und bezahlen. Doch die damalige Bürgermeisterin lehnte die Baugenehmigung ab. Grund: Eine Kirche im Ort würde reichen. Damit meinte sie das katholische Gotteshaus nebenan.

"Die Pläne liegen fix und fertig vor", weiß Pfarrerin Bettine Reichelt. Die 32-jährige betreut seit drei Jahren die Gemeinden Deutzen und Regis-Breitingen. Von '65 bis '70 habe man um die Kirche gekämpft, dann sei die Sache vom Tisch gewesen. "Es gab damals einfach keine Chance", meint die Pfarrerin.

Das kleine Gustav-Adolf-Haus am Ortseingang von Deutzen war ursprünglich als eine fünfjährige Übergangslösung gedacht - bis die Kirche stehen sollte. Doch bis heute feiert die evangelische Gemeinde hier ihre Gottesdienste und trifft sich sich zu Veranstaltungen. "Doch jetzt geht es nicht mehr", sagt Bettine Reichelt. Es regnet durch, keine Heizung, keine Toilette, das Waschbecken ist Attrappe. "Was uns hier über Wasser gehalten hat: Die Gemeinde hat das Haus liebevoll gepflegt", berichtet die Pfarrerin.

Seit längerem gibt es Kontakt zu den Katholiken des Ortes, die eine Kirche haben. Dort sind die hundert evangelischen Christen aus Deutzen zum Beispiel Weihnachten zu Gast. Auch den Johannistag feiern beide Gemeinden zusammen – mit Roster, Limo und Mensch-Ärgere-Dich-Nicht.

In der vergangenen Woche haben die Christen beider Konfessionen beraten, wie der evangelischen Gemeinde in Deutzen geholfen werden könnte. "Nun gibt es die Idee, die katholische Kirche umzubauen und daraus ein ökumenisches Gemeindezentrum zu machen", sagt Pfarrerin Reichelt. Auf beiden Seiten sei das nun zu prüfen. "Ich kann es mir gut vorstellen, aber die Gemeinde muss das natürlich auch wollen", erklärt sie. Auch der katholische Pfarrer Michael Teubner meint: "Wir können uns eine gemeinsame Nutzung der großen Kirche in Deutzen durchaus vorstellen." Er betont wie seine Kollegin, dass darüber noch mit den Gemeindemitgliedern gesprochen werden müsse.

Die Katholiken würden wissen, wie es ist, in einer Kirche zu Gast zu sein, sagt Michael Teubner. Denn in der hiesigen Region gibt es viel mehr evangelische Kirchen als katholische. "Hier wäre nun mal ein umgedrehter Fall", so der Pfarrer. Und mehr noch: "Es soll nicht nur ein Gastrecht sein, sondern auch ein Eigentums- und Mitspracherecht, was im Haus abläuft." Und dies sei ein schönes Zeichen, wie Christen beider Konfessionen Gemeinsinn zeigen.
Text: Claudia Carell, Leipziger Volkszeitung (24.01.2000)
Fotos: Andreas Döring
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