Festumzug ist die
Krönung für das Landeserntedankfest in
Borna
Vor Hunderten: 34 Vereine und Verbände
ziehen gut gelaunt durch die Straßen und
zeigen die Vielfalt der Stadt
Borna.
Selten war die Innenstadt von Borna so
voll wie am Sonntag, 6. Oktober 2019, am
dritten Tag des 22. Sächsischen
Landeserntedankfestes. Entlang der Strecke
des Festumzugs gab es kein Durchkommen
mehr, hunderte Besucher säumten allein in
der Reichsstraße das Geschehen. Was nicht
verwunderte, schließlich hatten 34
Vereine, Verbände und Hoheiten viel Zeit
und vor allem viel Liebe zum Detail in
ihren Part gesteckt. Zahlreiche Gäste
hatten es sich am Reichstor gemütlich
gemacht. Mancher hatte sich eine eigene
Bank hingestellt, andere rückten mit
Kaffee in Thermoskannen an.
Zwei Stunden lang war der Umzug – ein
Spiegelbild der lebendigen und
vielfältigen Stadt – unterwegs, angefangen
von der Angerstraße über die Bahnhofstraße
und den Markt bis hin zur Sachsenallee.
Den Anfang machte die Spielleute-Union
"Frisch voran" aus Schmölln. Wartezeit,
bis alle Teilnehmer aufgeschlossen hatten,
überbrückten die Musiker mit "Moskau" –
sehr zur Freude der Zuschauer, von denen
einige ein kleines Tänzchen wagten.
Kurz darauf konnten die Zuschauer die
frisch prämierte Erntekrone bewundern. Das
Exemplar von Hannelore Krausch und
Brigitte Pönicke aus Beerendorf hatte mit
deutlichem Vorsprung und 101 Punkten in
der Kategorie "Traditionelle Erntekronen"
gewonnen. Auf einem Anhänger wurde das
Kunstwerk durch die Stadt gefahren.
Die
Ökokirche Deutzen nahm am 26. Erntekronen-
und Erntekranzwettbewerb mit einer eigenen
Erntekrone teil – eine mit Botschaft:
"Wir präsentieren: Miss Knorpelmöhre. Auf
unserer Erntekrone finden Sie
'Schönheiten', für die wir auch dankbar
sind. Äußerlich vielleicht nicht perfekt,
wie wir sie aus den Supermärkten kennen,
aber trotzdem schmackhaft und lustig noch
dazu. Wir finden, dieses frische Gemüse
kann sich sehen lassen und sollte es auch
bis in die Läden schaffen. Platziert haben
wir die frechen Früchte auf dem Rad eines
alten Fahrrads, das nicht mehr repariert
werden kann. So hat es noch ein zweites
Leben, darf noch einmal ins Rampenlicht
und wird nicht gleich weggeworfen. Wir
wollen darauf hinweisen, dass die inneren
Werte zählen. Nicht nur bei der Möhre,
sondern auch bei uns Menschen – jeder ist
einzigartig. Und genauso liebt uns unser
Schöpfer! Und zu guter Letzt hoffen wir
natürlich, dass Sie unsere Erntekrone,
trotz aller Unvollkommenheit, schön
finden."
Auch die Ehrengäste des
Festwochenendes durften Platz nehmen – in
einer Kutsche. Mit von der Partie waren
neben Oberbürgermeistern Simone Luedtke
und der Zwiebelkönigin Franziska
Krätzschmar auch Landrat Henry Graichen,
Frank Leupold, der Oberbürgermeister der
vorherigen Ausrichterstadt Coswig, und
Mario Horn. Der Oberbürgermeister von
Oelsnitz im Vogtland dürfte das ganze
Wochenende hindurch genau verfolgt haben,
was seine Stadt im nächsten Jahr erwartet.
Die folgende Sächsische Kleinbahn
Schlendrian hatte weitere illustre Gäste
an Bord: Sämtliche übrige Hoheiten des
Festes und Besucher aus Bornas
Partnerstädten Étampes (Frankreich) und
Irpin (Ukraine). Danach folgte das
Fußvolk: Der Theaterverein Neu Wasser.
Egal, ob Luther oder Schiller, egal, ob
Märchen oder Gedichte: Die Gruppe um den
Bornaer Regisseur Michael Potkownik bringt
seit Jahren alles rund um Bornas
Geschichte auf die Bühnen. Klar, dass es
sich auch die drei Bornaer Originale
Zwiebelfrau, Karabinier und Bergmann nicht
nehmen ließen, Bornas Historie zu
präsentieren.
Ganz alleine, dafür aber äußerst
fröhlich, schloss sich Thomas Clauß an,
vielen Einheimischen sicherlich besser
bekannt als "Michael von der Straßen", der
Geleitsmann Martin Luthers. Der Reformator
fand im Haus von Michael von der Straßen
Unterschlupf und die Ruhe, an seinen
Landes- und Schutzherren, den sächsischen
Kurfürsten Friedrich der Weise, einen
Brief über die Beweggründe seines Handels
zu schreiben. "Dieser ging später als
Aschermittwochsbrief in die
Geschichtsbücher ein", erklärte Manuela
Krause, die am Reichstor den Festumzug
moderierte.
Evangelisch blieb es auch beim Wagen
der St.-Marien-Kirchgemeinde. Sie hatte
die Marienkirche samt des "schiefen Turms
von Borna" nachgebaut und das Modell auf
die rund sieben Kilometer lange Strecke
geschickt.
Unzählige Vereine hatten sich am
Festumzug beteiligt. Familie Artelt war
mit einem Fahrzeug ihrer Mühlen- und
Technikschau mit von der Partie, der
CarnevalsClub Wyhratal erinnerte daran,
dass es bis zum Auftakt der fünften
Jahreszeit nicht mehr allzu lange dauert,
die Bornaer Stadtmusikanten sangen,
schunkelten und brachten die Zuschauer zum
Lachen. Denn sie musizierten lieber mobil
als auf Bühnen.
Das Reichstor gab es am Sonntag
übrigens zweimal. Ein Modell dessen hatte
der Bornaer Modellbahnverein in den
Mittelpunkt einer Eisenbahnplatte
gestellt. Um an die lange Vergangenheit
des hiesigen Braunkohlereviers zu
erinnern, war die Bergbrüderschaft
Meuselwitz-Rositz nach Borna gekommen.
Laut und stinkig wurde es auf der Strecke
durch den Traditionsverein der
Ortsfeuerwehr Borna. Der hatte den
kompletten W50-Löschzug, bestehend aus
Löschgruppenfahrzeug, Tanklöschfahrzeug
und Drehleiter auf den Weg durch Bornas
Innenstadt geschickt, was mit lautem
Geknatter und heftigen Abgasen einher
ging. "Der W50 stickt so schön, da würde
Greta in Ohnmacht fallen", stellte Krause
die Fahrzeuge vor.
Zu den unzähligen Vereinen, die den
Festumzug bildeten, gehörten auch der
Volkssportverein 1977 Borna, SV Lokomotive
Borna, der Bornaer Handballverein 09, der
Bouleclub Leipziger Land, SV Einheit
Borna, die Boxer vom SC Borna sowie der SV
WBG Medizin Borna. Sie alle liefen die
Strecke allerdings nicht nur einfach ab,
sondern absolvierten die sieben Kilometer
mit Judorollen, Überschlägen, Flickflacks
und Bälle kickend.
Fahren durften hingegen die Mitglieder
des Oldtimervereins Kohren-Sahlis und die
Zahnradfreunde Borna, die mit
Ackerschleppern, Kartoffelschleudern,
Hanomag und Lanz-Bulldog durch die Stadt
knatterten. Den krönenden Abschluss eines
durch und durch gelungenen Festumzugs
bildete die Überdosis. Die
Guggemusik-Kapelle machte zu guter Letzt
noch einmal richtig Party.
(Kursiver Text: Cäcilia Reiprich)