Rückblick
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Ohne Regen – keine Ernte...
Das Sächsische Landeserntedankfest in Borna ist eröffnet / Schlechtes Wetter dämpft gute Stimmung kaum

Borna. Seit Freitagabend, 4. Oktober 2019, hat die Stadt Borna erstmals eine Zwiebelkönigin. Der sächsische Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt (CDU) kürte die neue Hoheit bei der offiziellen Eröffnung des 22. Sächsischen Landeserntedankfestes im großen Festzelt auf dem Bornaer Markt. Die Zwiebelkönigin heißt mit vollem Namen Franziska Uta Maria Krätzschmar und ist 18 Jahre alt. Sie ist die erste ihrer Art in Borna und im Freistaat Sachsen.

Das Festzelt war brechend voll, als die neue Zwiebelkönigin, begleitet von anderen sächsischen Hoheiten wie der Weinkönigin, der Fischkönigin und der Milchkönigin, zu Klängen aus der "Feuerwerksmusik" von Georg Friedrich Händel die Bühne betrat. Die Bornaer Oberbürgermeisterin Simone Luedtke (Die Linke) erinnerte an die lange Tradition des Bornaer Zwiebelanbaus. Immerhin sei das Gemüse einst bis nach London geliefert worden. Zugleich dankte die Raushauschefin den vielen haupt- und ehrenamtlichen Helfern bei der Vorbereitung des Landeserntedankfestes. Jens Hennig, Inhaber des gleichnamigen Backhauses und stellvertretender Innungsmeister der Bäckerinnung Landkreis Leipzig, präsentierte die frischen Erntebrote – große runde Backwerke, die fünf Stunden lang im Ofen waren. Landwirtschaftsminister Schmidt konnte eine verhalten positive Botschaft verbreiten. "Wir haben eine etwas bessere Ernte als im letzten Jahr." Das gelte etwa für Wintergerste und Weizen.

In der Stadtkirche am Martin-Luther-Platz riecht es seit Tagen schon nach frischem Getreide. Kein Wunder, schließlich werden hier die Erntekronen und -kränze präsentiert. Die Ergebnisse des Wettbewerbs, den die Sächsischen Landfrauen schon seit 26 Jahren organisieren und der damit eine längere Tradition hat als das Sächsische Landeserntedankfest, werden am Sonnabend, 16:30 Uhr, in der Stadtkirche bekanntgegeben. Bis 12:00 Uhr hat am Sonnabend jedermann noch Gelegenheit, sein ganz persönliches Votum abzugeben, wenn es um die Vergabe des Publikumspreises geht. Dass Borna und seine Zwiebeln zusammengehören, ist seit Freitag auch im Museum am Reichstor unübersehbar. Dort wurden am Vormittag gleich zwei Ausstellungen eröffnet. Eine hat den Titel "Königszwiebeln", und der kundige Bornaer dürfte schon ahnen, dass niemand anderes als der Karikaturist und Zeichner Mario König dahintersteckt. In einer zweiten Schau geht es um "Feste, Traditionen und Bräuche in der Region um Borna".

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Nach der Ehrung die Party: Der Volksplatz war am Freitagabend Anlaufpunkt für alle, die es so richtig krachen lassen wollten. Nicht umsonst hieß es dort "Borna bebt!". Gleich mehrere bekannte DJs machten das Versprechen wahr und legten Partykracher am laufenden Band auf. "Stereoact" begeisterte schon mit den ersten Takten von "Die immer lacht" die unzähligen Besucher. Genauso wie "Anstandslos & Durchgeknallt", die am Abend "Alleine gemeinsam" mit hunderten Feierwütigen waren. Die waren eindeutig im Vorteil, wenn sie mit Regenschirm und/oder Regencape ausgestattet waren. Dafür sorgte aber auch der Veranstalter: Der Volksplatz erstrahlte in buntesten Farben – dank der Regenmäntel in lila, gelb, rosa oder blau. Denn es schüttete wie aus Eimern. Aber so ist es eben – ohne Regen, schlechte Ernte.
Text: Julia Tonne & Nikos Natsidis, Leipziger Volkszeitung (05.10.2019)
Fotos: Jens Paul Taubert

Videos: RegioTV Borna

Video: MDR

Festumzug ist die Krönung für das Landeserntedankfest in Borna
Vor Hunderten: 34 Vereine und Verbände ziehen gut gelaunt durch die Straßen und zeigen die Vielfalt der Stadt

Borna. Selten war die Innenstadt von Borna so voll wie am Sonntag, 6. Oktober 2019, am dritten Tag des 22. Sächsischen Landeserntedankfestes. Entlang der Strecke des Festumzugs gab es kein Durchkommen mehr, hunderte Besucher säumten allein in der Reichsstraße das Geschehen. Was nicht verwunderte, schließlich hatten 34 Vereine, Verbände und Hoheiten viel Zeit und vor allem viel Liebe zum Detail in ihren Part gesteckt. Zahlreiche Gäste hatten es sich am Reichstor gemütlich gemacht. Mancher hatte sich eine eigene Bank hingestellt, andere rückten mit Kaffee in Thermoskannen an.

Zwei Stunden lang war der Umzug – ein Spiegelbild der lebendigen und vielfältigen Stadt – unterwegs, angefangen von der Angerstraße über die Bahnhofstraße und den Markt bis hin zur Sachsenallee. Den Anfang machte die Spielleute-Union "Frisch voran" aus Schmölln. Wartezeit, bis alle Teilnehmer aufgeschlossen hatten, überbrückten die Musiker mit "Moskau" – sehr zur Freude der Zuschauer, von denen einige ein kleines Tänzchen wagten.

Kurz darauf konnten die Zuschauer die frisch prämierte Erntekrone bewundern. Das Exemplar von Hannelore Krausch und Brigitte Pönicke aus Beerendorf hatte mit deutlichem Vorsprung und 101 Punkten in der Kategorie "Traditionelle Erntekronen" gewonnen. Auf einem Anhänger wurde das Kunstwerk durch die Stadt gefahren.

Die Ökokirche Deutzen nahm am 26. Erntekronen- und Erntekranzwettbewerb mit einer eigenen Erntekrone teil – eine mit Botschaft: "Wir präsentieren: Miss Knorpelmöhre. Auf unserer Erntekrone finden Sie 'Schönheiten', für die wir auch dankbar sind. Äußerlich vielleicht nicht perfekt, wie wir sie aus den Supermärkten kennen, aber trotzdem schmackhaft und lustig noch dazu. Wir finden, dieses frische Gemüse kann sich sehen lassen und sollte es auch bis in die Läden schaffen. Platziert haben wir die frechen Früchte auf dem Rad eines alten Fahrrads, das nicht mehr repariert werden kann. So hat es noch ein zweites Leben, darf noch einmal ins Rampenlicht und wird nicht gleich weggeworfen. Wir wollen darauf hinweisen, dass die inneren Werte zählen. Nicht nur bei der Möhre, sondern auch bei uns Menschen – jeder ist einzigartig. Und genauso liebt uns unser Schöpfer! Und zu guter Letzt hoffen wir natürlich, dass Sie unsere Erntekrone, trotz aller Unvollkommenheit, schön finden."

Auch die Ehrengäste des Festwochenendes durften Platz nehmen – in einer Kutsche. Mit von der Partie waren neben Oberbürgermeistern Simone Luedtke und der Zwiebelkönigin Franziska Krätzschmar auch Landrat Henry Graichen, Frank Leupold, der Oberbürgermeister der vorherigen Ausrichterstadt Coswig, und Mario Horn. Der Oberbürgermeister von Oelsnitz im Vogtland dürfte das ganze Wochenende hindurch genau verfolgt haben, was seine Stadt im nächsten Jahr erwartet.

Die folgende Sächsische Kleinbahn Schlendrian hatte weitere illustre Gäste an Bord: Sämtliche übrige Hoheiten des Festes und Besucher aus Bornas Partnerstädten Étampes (Frankreich) und Irpin (Ukraine). Danach folgte das Fußvolk: Der Theaterverein Neu Wasser. Egal, ob Luther oder Schiller, egal, ob Märchen oder Gedichte: Die Gruppe um den Bornaer Regisseur Michael Potkownik bringt seit Jahren alles rund um Bornas Geschichte auf die Bühnen. Klar, dass es sich auch die drei Bornaer Originale Zwiebelfrau, Karabinier und Bergmann nicht nehmen ließen, Bornas Historie zu präsentieren.

Ganz alleine, dafür aber äußerst fröhlich, schloss sich Thomas Clauß an, vielen Einheimischen sicherlich besser bekannt als "Michael von der Straßen", der Geleitsmann Martin Luthers. Der Reformator fand im Haus von Michael von der Straßen Unterschlupf und die Ruhe, an seinen Landes- und Schutzherren, den sächsischen Kurfürsten Friedrich der Weise, einen Brief über die Beweggründe seines Handels zu schreiben. "Dieser ging später als Aschermittwochsbrief in die Geschichtsbücher ein", erklärte Manuela Krause, die am Reichstor den Festumzug moderierte.

Evangelisch blieb es auch beim Wagen der St.-Marien-Kirchgemeinde. Sie hatte die Marienkirche samt des "schiefen Turms von Borna" nachgebaut und das Modell auf die rund sieben Kilometer lange Strecke geschickt.

Unzählige Vereine hatten sich am Festumzug beteiligt. Familie Artelt war mit einem Fahrzeug ihrer Mühlen- und Technikschau mit von der Partie, der CarnevalsClub Wyhratal erinnerte daran, dass es bis zum Auftakt der fünften Jahreszeit nicht mehr allzu lange dauert, die Bornaer Stadtmusikanten sangen, schunkelten und brachten die Zuschauer zum Lachen. Denn sie musizierten lieber mobil als auf Bühnen.

Das Reichstor gab es am Sonntag übrigens zweimal. Ein Modell dessen hatte der Bornaer Modellbahnverein in den Mittelpunkt einer Eisenbahnplatte gestellt. Um an die lange Vergangenheit des hiesigen Braunkohlereviers zu erinnern, war die Bergbrüderschaft Meuselwitz-Rositz nach Borna gekommen. Laut und stinkig wurde es auf der Strecke durch den Traditionsverein der Ortsfeuerwehr Borna. Der hatte den kompletten W50-Löschzug, bestehend aus Löschgruppenfahrzeug, Tanklöschfahrzeug und Drehleiter auf den Weg durch Bornas Innenstadt geschickt, was mit lautem Geknatter und heftigen Abgasen einher ging. "Der W50 stickt so schön, da würde Greta in Ohnmacht fallen", stellte Krause die Fahrzeuge vor.

Zu den unzähligen Vereinen, die den Festumzug bildeten, gehörten auch der Volkssportverein 1977 Borna, SV Lokomotive Borna, der Bornaer Handballverein 09, der Bouleclub Leipziger Land, SV Einheit Borna, die Boxer vom SC Borna sowie der SV WBG Medizin Borna. Sie alle liefen die Strecke allerdings nicht nur einfach ab, sondern absolvierten die sieben Kilometer mit Judorollen, Überschlägen, Flickflacks und Bälle kickend.

Fahren durften hingegen die Mitglieder des Oldtimervereins Kohren-Sahlis und die Zahnradfreunde Borna, die mit Ackerschleppern, Kartoffelschleudern, Hanomag und Lanz-Bulldog durch die Stadt knatterten. Den krönenden Abschluss eines durch und durch gelungenen Festumzugs bildete die Überdosis. Die Guggemusik-Kapelle machte zu guter Letzt noch einmal richtig Party.

(Kursiver Text: Cäcilia Reiprich)
Text: Julia Tonne, Leipziger Volkszeitung (07.10.2019)
Fotos: Cäcilia Reiprich & Jens Paul Taubert

Miteinander danken und teilen

Borna. Evangelisch - lutherische und katholische, neuapostolische und freie evangelische Christen haben am Sonntag, 6. Oktober 2019, den ökumenischen Gottesdienst zum 22. Sächsischen Landeserntedankfest in Borna gestaltet. Pfarrer Dietrich Oettler ging in seiner Festpredigt dem Gedanken nach, durch Teilen Teilung zu überwinden. Ein jeder könne dazu seinen Beitrag leisten, ob in Beruf, Familie oder Gesellschaft. Die Kollekte wurde für Projekte der Ökokirche Deutzen gesammelt.



Text: Tag des Herrn (13.10.2019)
Fotos: Jens Paul Taubert & unbekannt
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