Borna. Die
Nacht vom 9. auf den 10. November 1938
ging in die Geschichte als
Reichspogromnacht ein. Die von den
Nationalsozialisten gelenkten Gewalttaten
gegen die jüdische Bevölkerung führten
zwischen dem 7. und 13. November 1938 zu
mehreren hundert Ermordungen von Juden.
Und dies war erst der bestürzende Anfang
eines äußerst finsteren Kapitels in der
deutschen Geschichte.
Dieses Kapitel der Geschichte darf nie
in Vergessenheit geraten. Deshalb finden
in vielen Städten der Bundesrepublik an
jenem 9. November die symbolischen Akte
des Stolpersteine-Putzens statt. 1992
wurde das Projekt "Stolpersteine" von dem
Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen.
Die kleinen Quadrate aus Messing, die
einem Pflasterstein ähneln, sind mit
Schlagbuchstaben von Hand graviert. Auf
den Steinen stehen die Namen, Geburts- und
Todesdaten der jüdischen Menschen, die ihr
Leben in dieser schrecklichen Nacht
verloren, deportiert oder später in den
KZs ermordet wurden. Die Menschen waren
einst in den Konzentrationslagern nur eine
Nummer. Die Stolpersteine erinnern an die
jüdischen Mitbewohner in unseren Städten
und hauchen diesen mit diesem Kunstprojekt
wieder Leben ein. Das jährliche Putzen
dieser Steine am 9. November ist eine
Verbeugung vor den Opfern von Hass, Gewalt
und Fremdenfeindlichkeit sowie des
jüdischen Lebens in unseren Städten und
Gemeinden.
Auch in
Borna befinden sich seit 2009, am
ehemaligen Kaufhaus "Britania" in der
Roßmarktschen Straße 32, Stolpersteine.
Das Kaufhaus war in dieser schrecklichen
Nacht ein primäres Ziel. Dabei brannte das
Kaufhaus, welches auch das Wohnhaus der
Familie Calet "Karl" Rose war, aus. Von
der 6-köpfigen jüdischen Familie überlebte
nur eine Person. Die anderen fünf
Familienmitglieder wurden deportiert und
in den Vernichtungslagern ermordet.
Das Gedenken hat einen Namen und ist
immer noch greifbar, wenn man vor dem
Haus, welches nun unter anderem die Büros
der Kreisgeschäftsstelle der CDU
beheimatet, steht und an die Opfer denkt.
Der Rahmen der kleinen Gedenkfeier
(Dienstag, 9. November 2021) ist jedes
Jahr ein feierlicher. Die beiden
Stadtbediensteten Inya-Tinko Rabold und
Philipp Berger lasen einen Text, der von
einem Gespräch zwischen Großvater und
Enkel rund um das Geschehen des 9.
November und seiner schrecklichen Folgen
handelte. Die traurig-feierliche Musik
umrahmte das Geschehen an den
Stolpersteinen, an denen (leider nur) ca.
30 Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt
gedachten. Unter ihnen war auch
Oberbürgermeisterin Simone Luedtke. Nach
dem symbolischen Putzakt wurden weiße
Blumen und Kerzen niedergelegt und ein
jüdisches Gebet gesprochen. Die kurze
Andacht am Ort des Geschehens jagte den
Anwesenden immer noch die Schauer des
Grauens über die Haut. Es fällt schwer,
nach dem Gedenken sich in den schnöden
Alltag zu mischen.
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