Rückblick
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Weil Menschen immer mehr als Nummern sind
Warum Lutz Kinmayer Gemeindereferent in der katholischen Gemeinde Borna wurde

Borna. Mittlerweile verfährt sich Lutz Kinmayer nicht mehr so oft in der Stadt. Schließlich ist er jetzt schon mehr als ein halbes Jahr als Gemeindereferent der katholischen Gemeinde in Borna. Dass er in diesem Beruf gerade hier einmal landen würde, hätte sich der junge Mann wohl kaum träumen lassen. Nicht nur, weil er erst im hohen Alter von 14 Jahren getauft wurde. Kinmayer hatte schließlich das, was gemeinhin als gesicherte Existenz gilt, als er seinen Job in einem Chemnitzer Reisebüro aufgab.

"Das war für mich nicht der Lebenssinn", erinnert sich der junge Mann, der in der Gemeinde sechs Gruppen Religionsunterricht gibt. Zwar hatte er im Reisebüro ebenso wie in seinem früheren Beruf als Elektromonteur mit Menschen zu tun, "aber die waren da nur Nummern". Und für Kinmayer, der keineswegs wie ein plötzlicher Erweckter wirkt, nicht das, was er suchte. Immerhin hatte er zu diesem Zeitpunkt schon den "ganz normalen Religionsunterricht" und seinen Zivildienst hinter sich. Seine Eltern waren zwar enttäuscht, als er seine bürgerlichen Existenzgrundlagen aufgab, "aber sie haben das schnell akzeptiert".

Was folgte, waren insgesamt sechs Jahre Ausbildung, die ihn heute in die Lage versetzen, Enkel-Senioren-Freizeiten ebenso durchzuführen wie die Junge Gemeinde bei der Stange zu halten. Kinmayer hat einen Beruf, der infolge des Priestermangels nach dem Ersten Weltkrieg entstand. Nach drei Jahren Studium in Magdeburg und Stationen in Annaberg und in der Oberlausitz kam Kinmayer nach Borna. Das schlechte Image der Stadt konnte ihn nicht schrecken, "ich habe mir das selbst rausgesucht". Die Gegend ist für den jungen Mann interessant, weil hier die Weichen auf Neubeginn stehen.
Text: Nikos Natsidis, Leipziger Volkszeitung (21.02.2001)
Foto: Jens Paul Taubert
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