Rückblick
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Für den Frieden und gegen die NPD
Kirchenmann bezieht Position und warnt vor "verkürzter sozialer Marktwirtschaft"

Borna. Wer eine parteipolitische Empfehlung erwartet hatte, wurde enttäuscht. Dazu ließ sich Bischof Joachim Reinelt im Rahmen der CDU-Veranstaltungsreihe "Christen und Politik" vorgestern (Mittwoch, 26. Januar 2005) Abend im Goldenen Stern nicht hinreißen. Der oberste Katholik im Bistum Dresden-Meißen bekannte aber Farbe: für den Frieden und gegen die NPD.

Dass ihn Andreas Maas vom CDU-Kreisverband eingeladen hatte und dass vor ihm mehrheitlich Unionsleute saßen, focht Reinelt nicht an. "Ihre Wahlplakate waren nicht so toll", antwortete er auf die Frage nach dem Wahlergebnis der NPD. Den Rechten sei es - im Gegensatz zur CDU - gelungen, ihre Argumentation verständlich herüberzubringen. "Das war gekonnte Irreführung", und es bleibe ein Schock. Zugleich fragte Reinelt, ob die Richter des Bundesverfassungsgerichts, die den Vorstoß zum Verbot der rechtsextremen Partei zu Fall gebracht hatten, "jetzt nicht schlecht schlafen" müssten.

So sehr er gegen die NPD Position bezog, so vehement machte er sich für die Erhaltung des Friedens stark. Die Ablehnung eines neuerlichen Krieges, wie ihn US-Präsident Georg W. Bush jetzt auch gegen den Iran nicht ausschließt, werde "noch absoluter" sein als beim Waffengang gegen den Irak. Gerade dort werde ja deutlich, dass Krieg keine Lösung sei.

Wollte Reinelt auch nicht zu Protokoll geben, die Wahl welcher Partei womöglich Christenpflicht sei, machte er dennoch klar, "dass es eine Sünde wäre, nicht wählen zu gehen". Mehr noch: Menschen hätten doch Verantwortung. Das habe bereits zu DDR-Zeiten gegolten, als er vor der Wende im Keller des Bornaer Rathauses vom späteren sächsischen Landwirtschaftsminister Rolf Jähnichen um eine Unterschrift zur Unterstützung der Aktion "Eine Mark für Espenhain" gebeten wurde.

Gradmesser für politische Entscheidungen sei der Gedanke der Solidarität. Es gehe um eine Gesellschaft, "in der niemand hinten herunterfällt", so Reinelt weiter vor etwa 80 Besuchern im Goldenen Stern. Es würden starke Politiker gebraucht, damit gerade das nicht passiere.

Und der Bischof warnte. "Wir müssen aufpassen, dass aus unserer sozialen Marktwirtschaft nicht günstigstenfalls eine verkürzte soziale Marktwirtschaft wird." Dabei gehe es allerdings nicht um Mitleid, denn das sei "zu billig".
Text: Nikos Natsidis, Leipziger Volkszeitung (28.01.2005)
Foto: Andreas Döring
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