Gedenkstätten Borna
Informationen zur Geschichte und Anlage der Gedenkstätte "für die Opfer des ehemaligen KZ-Außenlagers bei Flößberg" in der Lobstädter Straße und zur Geschichte der Gedenkorte "für die Opfer der Reichspogromnacht" in der Roßmarktschen Straße und Kirchstraße in Borna.
 
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Foto: Philipp Ramm (2011)
Die Gedenkstätte [oben]

In Borna, an der Lobstädter Straße, erinnert ein Gedenkstein aus rotem Porphyr innerhalb einer gepflegten Anlage daran, dass einige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an dieser Stelle 98 umgekommene jüdische Häftlinge des KZ-Außenlagers Flößberg beigesetzt wurden.

Die Männer mussten in einem Werk der HASAG arbeiten. Sie waren zunächst in einem Waldstück bei Flößberg, an einer der Stellen des ehemaligen Buchenwalder Außenlagers, begraben und später in diesem Ehrenhain in Borna umgebettet worden.

Der Gedenkstein steht vor einer gestalteten Mauer auf einem Stufenpodest und wird mit einem im Stein ausgearbeiteten Winkel abgeschlossen. Auf seiner Vorderseite ist zu lesen:

Hier ruhen 98 Opfer
des KZ Lagers Flössberg
Den Toten zur Ehre
Den Lebenden zur Mahnung
 
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Fotos: Philipp Ramm (2015)
...
Quelle:
Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation, Band II, Bonn 2000, S. 630
Der Gedenkort "Familie Rose" [oben]
 
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Fotos: Philipp Ramm (2011)
Der Gedenkort "Familie Singer" [oben]
 
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Fotos: Philipp Ramm (2011)
Der Gedenkort "Familie Motulsky" [oben]
 
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Fotos: Philipp Ramm (2011)
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts siedelten jüdische Bürger, vorwiegend aus Galizien, in Borna und eröffneten hier ihre Geschäfte. Zu ihnen zählten die Gebrüder Abraham und Calet "Karl" Rose, die mit ihrer Familie das Kaufhaus "Britania" in der Roßmarktschen Straße 32 übernahmen. Weiter gehörten die Familie Motulsky mit ihrem Bekleidungsgeschäft in der Kirchstraße 2 und die Familie Singer, die ein kleines Wäschegeschäft im Eckgebäude Roßmarktsche Straße / An der Mauer hatte, dazu. Die genannten Familien besaßen die sächsische Staatsbürgerschaft und waren voll in das städtische Leben integriert. Sie waren beliebte und angesehene Händler. Die Bornaer Juden selbst gehörten der israelitischen Gemeinde von Leipzig an, so das dort auch die religiösen Handlungen vorgenommen und sie dort auch beerdigt wurden.

War der Judenhass in großen Teilen des Deutschen Reiches schon seit 1933 an der Tagesordnung, konnte man das von Borna nicht behaupten. Die jüdischen Familien gingen ungehindert ihrer kaufmännischen Tätigkeit nach und man feierte noch ungestört im Juni 1938 zusammen das Bornaer Heimatfest. Damit war mit den Novemberereignissen des Jahres 1938 Schluss. Obwohl es am 9. November zu einer Kundgebung wegen des "feigen jüdischen Mordes" an dem deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in Paris auf dem Markt kam, blieb es ansonsten ruhig. Erst als die Nachrichten aus dem ganzen Reich am 10. November eintrafen und mit großer Sicherheit auch auswärtige Randalierer nach Borna kamen, gab es Ausschreitungen vor den jüdischen Geschäften.

Das Tageblatt Borna vom 11. November 1938 berichtete dazu:
"Spontane Kundgebungen gegen die Juden in Borna. In den späten Nachmittagsstunden kam es zu spontan judenfeindlichen Kundgebungen vor den Geschäften Paul Motulsky, Abraham Rose und Siegmund Singer. Bei Motulsky wurden sämtliche Schaufensterscheiben eingeschlagen. Im Geschäftshaus Rose brannten Schaufenster und Lagerräume aus. Der Brand wurde von unserer Feuerlöschpolizei in kurzer Zeit niedergekämpft. Der Kreisleiter ordnete sofort an, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln ein weiteres Umsichgreifen der Aktionen zu verhindern. Unsere SA versah Ordnungsdienst in vorbildlicher Weise. Bald nach 8 Uhr herrschte in Borna wieder Ruhe und Ordnung."

Welcher Zynismus: "Unsere SA versah (ihren) Ordnungsdienst in vorbildlicher Weise." Es gibt Zeugenberichte, wonach SA-Leute in den Geschäften wüteten, die Einrichtungen zerstörten und mit großer Sicherheit auch das Feuer legten.

Noch in der Nacht vom 10. zum 11. November 1938 wurden Bürger jüdischen Glaubens festgenommen und im Reichstor inhaftiert. Darunter auch Siegfried (später: Frederick) Rose aus Leipzig, der seinen Onkel in Borna besuchte. Ab diesem Tag gab es kein jüdisches Leben mehr in Borna. Sofern die jüdischen Familien nicht gleich deportiert wurden, zogen sie nach Leipzig, wo sie dennoch das gleiche Schicksal erwartete. Der Großteil der Familien Motulsky und Rose überlebten den Holocaust nicht. Über das Schicksal der Familie Singer ist nichts bekannt.

65 Jahre nach diesen Novemberereignissen wurde am 9. November 2003, in Erinnerung an die Opfer der Reichspogromnacht, eine Gedenktafel am ehemaligen Kaufhaus der Familie Rose in der Roßmarktschen Straße 32 in Borna enthüllt. Einige Zeit später folgten zwei weitere Gedenktafeln am ehemaligen Kaufhaus der Familie Motulsky in der Kirchstraße 2 und am ehemaligen Geschäftshaus der Familie Singer an der Ecke Roßmarktsche Straße / An der Mauer. Darüber hinaus wurden dem Gedenkort am 20. August 2009, für die in der NS-Zeit ums Leben gekommenen Mitglieder der Familie Rose, sechs STOLPERSTEINE hinzugefügt und in den Gehweg eingelassen.
Quelle:
Thomas Bergner: https://www.geschichteborna.de/borna/ereignisse/die-progromnacht-in-borna