Der Gasthof Flößberg in den Dreißigerjahren. Später waren hier zivile Zwangsarbeiter untergebracht.
KZ-Außenlager: Zeitzeugnisse und Fotos für Buch gesucht
Im Wald bei Flößberg gab es 1944/45 ein Konzentrationslager. Dort wurden Panzerfäuste hergestellt. Der Verein Geschichtswerkstatt arbeitet an einem Buch.

Frohburg/Flößberg. An einem Buch mit Zeugnissen und Informationen zum KZ-Außenlager Flößberg arbeitet der Verein Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. Er bittet dafür um Dokumente, Fotografien und Berichte von Menschen aus den umliegenden Orten, die auf verschiedene Weise mit dem Lager in Berührung kamen, nach Zeitzeugen und deren Nachkommen, die etwas zur Erhellung der Geschichte beisteuern können.

Im KZ-Außenlager Flößberg starben 235 Menschen

Das Lager im Fürstenholz bestand zwischen November 1944 und April 1945. Mehr als 1.900 zumeist jüdische Häftlinge errichteten im Auftrag der Hugo-Schneider-Aktiengesellschaft (HASAG) eine Produktionsstätte für Panzerfäuste. Mindestens 235 Menschen starben in Flößberg. Zahlreiche weitere Menschen wurden als nicht mehr arbeitsfähig nach Buchenwald zurücküberführt und starben dort.

Viele in der Umgebung hatten mit dem Lager zu tun

"Nicht nur in Flößberg, auch in anderen Städten und Dörfern der Region besaß die Bevölkerung Kenntnisse von der Großbaustelle und dem zu diesem Zweck errichteten Zwangsarbeitslager in Flößberg", sagt Stefan Walter vom Vereinsvorstand. Die HASAG war als Rüstungskonzern einer der größten Arbeitgeber in Leipzig mit Zweigstellen etwa im brandenburgischen Schlieben und in Altenburg. "Aus Tagebucheinträgen geht hervor, dass die HASAG in der Region in aller Munde war. Das neu errichtete Werk in Flößberg war monströs und durch einen meterhohen Schornstein in der Region weithin sichtbar." Im Auftrag der HASAG agierten zahlreiche Subunternehmen auf der Flößberger Baustelle. Bei diesen Subunternehmen waren auch Menschen aus der Region, etwa aus Borna, beschäftigt, die, sagt Walter, "ihr Wissen über das Lager in Flößberg am Küchentisch geteilt haben dürften".

Aufgrund von Einquartierungen in umliegenden Ortschaften gab es zahlreiche Begegnungen zwischen Einheimischen und dem Lagerpersonal, hat der Verein recherchiert. "Im Rittergut Beucha waren sowohl Angestellte der HASAG als auch des SS-Personals des Flößberger Lagers untergebracht. Bei diesen Begegnungen entstanden Freundschaften und sogar Liebesbeziehungen. Nach der Evakuierung der Häftlinge im April 1945 wurde das verlassene Lager Flößberg von vielen Menschen der gesamten Region aufgesucht, die sich dort mit zurückgelassenen Materialien versorgten."

Flößberg und Beucha: Zwangsarbeiter im Gasthof

Das Wissen um das KZ-Außenlager Flößberg, so die Geschichtswerkstatt, sei zu dieser Zeit in der gesamten Region präsent gewesen. "Was aber ist heute noch darüber bekannt? Wir suchen für die pädagogische Vermittlungsarbeit sowie eine Buchveröffentlichung nach noch lebenden Zeitzeugen oder deren Nachkommen, die ihre Erinnerungen, Dokumente und Zeugnisse von diesem Lager teilen möchten."

Alle Arten von Fotografien, Dokumenten, Zeugnissen und Informationen seien hilfreich, die sich auf das KZ-Außenlager Flößberg, deren Häftlinge sowie auf das verantwortliche Personal der SS und der HASAG bezögen. Gesucht würden unter anderem Fotografien der Gaststätten in Flößberg und Beucha aus jener Zeit. Hier waren ausländische zivile Zwangsarbeiter untergebracht, die ebenfalls für den Aufbau des HASAG-Werks in Flößberg herangezogen wurden.

Info: Kontakt per E-Mail an geschichtswerkstatt@web.de oder telefonisch an Bernhard Walter (034345 - 22 494)
Text: Ekkehard Schulreich, Leipziger Volkszeitung (14.04.2023)
Foto: Geschichtswerkstatt Flößberg e.V.
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