Erinnerungen an Nazi-Gräuel wachhalten
Teilnehmer des Internationalen Sommercamps besuchen auch das einstige KZ-Außenlager Flößberg

Flößberg (tl). Seit Montag findet in Frohburg ein Internationales Sommercamp des Kindervereinigung Leipzig e.V. zum Thema "Erinnerung bewahren - Europa gestalten" statt. Teilnehmer sind 47 Jugendliche aus Polen, Italien, Frankreich und Deutschland und ihre jeweiligen Betreuer. Bestandteil des Sommercamps, geleitet von Klaus Winkler, sind dabei seit drei Jahren ein Besuch und Aktivitäten im ehemaligen KZ-Lager samt der Panzerfaustfabrik Flößberg. Das ist auch diesmal so. Am morgigen Donnerstag ist ein Informationsrundgang mit dem Flößberger Pfarrer in Ruhe, Hans-Ulrich Dietze. Tags darauf und am nächsten Dienstag werden die Jugendlichen bei zwei Arbeitseinsätzen helfen, Fundamente des früheren Werks freizulegen. "Die Spuren von Lager und Fabrik bilden ein bedeutendes Dokument für den 2. Weltkrieg und den Holocaust, also für einen Zeitabschnitt gemeinsamer europäischer Vergangenheit, aus dem für eine gemeinsame europäische Gegenwart und Zukunft Konsequenzen zu ziehen sind", so Dietze. Das Wissen um die Flößberger Anlage komme dem europäischen Jugendprogramm entgegen. Drei damals gelieferte Zugladungen Sprengstoff hätten für über 300.000 Panzerfäuste ausgereicht. Die Montagehalle wies eine Grundfläche von etwa 25 mal 40 Metern, also von etwa 1.000 Quadratmetern auf.

Insgesamt liegt eine Fülle von inzwischen zumeist aufgeschlossenen Spuren vor: Der Pfarrer i.R. hat seit 1970 eine Vielzahl von Augenzeugen angehört. Mit einem von ihnen, Pfarrer i.R. Erich Senff, lebte er jahrelang im gleichen Pfarrhaus, in dem seinerzeit die Leiterin der Küche für alle Nichthäftlinge untergebracht werden musste.

"Neben den Augenzeugenberichten hat uns ein vom Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. besorgtes Luftbild zu einer Übersicht sämtlicher Bauten der Anlage verholfen, zu ihrer Lage und Größe", so Dietze. Nachdem er das Militärhistorische Museum in Dresden konsultiert hatte, konnten zunächst die Fabrikbaracken im Wesentlichen identifiziert werden. "Außerdem vermochten Luftbild und Augenzeugenberichte auch die Baracken für die jüdischen Häftlinge, die SS-Kommandos, die HASAG-Mitarbeiter, das Kriegsgefangenenkommando und die beiden Küchen zu lokalisieren, darüber hinaus die Krater des Luftangriffs vom 5. März 1945 und der Kampfmittelbeseitigung am Ende des Kriegs", schildert der Flößberger.

Wesentlichen Anteil an der Sammlung von Spuren hat der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V. Außer dem genannten Luftbild sind ihm zwei ausführliche lagerinterne Augenzeugenberichte jüdischer Häftlinge zu verdanken. "Die Geschichtswerkstatt sowie der Runde Tisch, den sie organisiert und der alle Bemühungen um die Flößberger Anlage zusammenfasst, haben erreicht, dass der jüdische KZ-Friedhof nicht aufgelöst wird, sondern erhalten bleibt. Er ist unverzichtbar als konzentrierender Besuchertreffpunkt am geplanten Radweg zwischen Borna und Grimma", so Dietze.
Text: Leipziger Volkszeitung (14.08.2013)
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