Lebensgroße Bildtafeln sollen mahnen
Morgen werden in Flößberg Gedenkmonumente ihrer Bestimmung übergeben

Flößberg (tl). Die künstlerische Arbeit "ver_GEGENWÄRTIGEN" von Luise Schröder, die am Sonnabend eröffnet werden soll, versucht die Erinnerungen an das ehemalige KZ-Außenlager zwischen Flößberg und Beucha und den damit verbundenen Teil der deutschen Geschichte der Region ins Gedächtnis zu rufen und ihn wieder im Bewusstsein zu verankern. Denn an der Landstraße zwischen beiden Orten befand sich von November 1944 bis April 1945 ein solches Lager, in dem von etwa 1.900 vorwiegend jüdischen Häftlingen im Auftrag der Hugo-Schneider-AG Sprengköpfe für Panzerfäuste hergestellt wurden. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Lager waren unmenschlich und extrem hart. Viele der Häftlinge starben aufgrund dieser Bedingungen oder an den Folgen der brutalen Misshandlungen durch die Aufseher.

Die sieben von der Künstlerin angefertigten, lebensgroßen Bildtafeln bestehen aus partiell übermalten Fotografien, die als künstlerische Hinweis- und Gedenkmonumente im öffentlichen Raum fungieren. "Sie sind in Zusammenarbeit mit Bewohnern beider Orte entstanden. Die Personen auf den Bildtafeln zeigen auf etwas nicht Sichtbares im Bildhintergrund und verweisen damit über die Bilder hinaus auf den heute fast unsichtbaren ehemaligen Standort des Lagers und den noch vorhandenen jüdischen Friedhof im Wald", so Schröder.

Die künstlerische Arbeit wurde im Rahmen des Projektes "Die Zukunft des Vergangenen" 2012 konzipiert und konnte mit Hilfe der Förderung des Bundesprogrammes "Toleranz fördern - Kompetenz stärken", dem Landesprogramm "Weltoffenes Sachsen - Für Demokratie und Toleranz" sowie dem Landkreis Leipzig für den öffentlichen Raum realisiert werden.

Die Intervention soll am Sonnabend, 15:00 Uhr, am Fußgängerüberweg an der B 176 in der Ortsmitte (Straße des Friedens/Ecke Schulweg) des heutigen Frohburger Ortsteils ihrer Bestimmung übergeben werden. Luise Schröder wird ebenso wie Vertreter der Initiative "Flößberg gedenkt" und des Vereins Kulturbahnhof Markkleeberg vor Ort sein. Wolfgang Heidrich vom Verein Geschichtswerkstatt Flößberg spricht zur Eröffnung.

Am kommenden Dienstag gibt es zudem zum Projekt eine Informationsveranstaltung. Die beginnt um 19:00 Uhr im Landgasthof Flößberg, wobei die Künstlerin ebenfalls anwesend sein wird. Interessenten sind dazu willkommen, um über das Projekt zu diskutieren.

Kommentar: Mosaiksteinchen zur Erinnerung
von Thomas Lang

Morgen wird inmitten von Flößberg eine künstlerische Arbeit eingeweiht, die wichtig ist in einer Zeit, in der der Schoß immer noch fruchtbar ist für neofaschistisches, rassistisches Gedankengut und entsprechende Taten. Kaum ein Tag vergeht hierzulande, ohne dass über rechtsextreme Vorfälle berichtet wird.

Deshalb sind Aktivitäten, die aufklären über die Verbrechen der Hitlerdiktatur, die die Erinnerung an das wohl dunkelste Kapitel deutscher Geschichte ins Bewusstsein rufen, nur zu unterstützen. Und es ist gut, dass dies vor Ort geschieht. Genau das war Inhalt des Projekts "Die Zukunft des Vergangenen" mit Orten und Ereignissen mit nationalsozialistischer Vergangenheit - unter anderem den KZ-Außenlagern Flößberg, Colditz, Markkleeberg und Böhlen. Ziel war der bewusste Umgang mit der eigenen Vergangenheit und Geschichte der Region, einen Diskurs zu fördern über eine zukunftsfähige Erinnerungs- und Gedenkkultur. Der morgige Tag in Flößberg dürfte ein Mosaiksteinchen dafür sein.
Text: Leipziger Volkszeitung (14.02.2014)
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