Holocaust-Überlebender
erinnert an Opfer / Schüler tragen
Schilderungen von Zeitzeugen vor und
legen Rosen nieder
Frohburg/Flößberg.
Der Tod von 235 Häftlingen des Flößberger
Lagers ist dokumentiert, ebenso viele der
hier gefangen Gehaltenen und Gequälten
starben in den letzten Tagen des Krieges
während der Evakuierung nach Mauthausen:
Am Freitagvormittag erinnerten anderthalb
Dutzend Menschen an das Geschehen im Wald
bei Flößberg, wo 1944 ein Außenlager des
Konzentrationslagers Buchenwald errichtet
wurde. Unter unmenschlichen Bedingungen
mussten hier vor allem Juden für den
HASAG-Konzern Rüstungsgüter wie
Panzerfäuste produzieren.
Der Förderverein Gedenkstätte
Flößberg e.V. hatte am gestrigen
Gedenktag auf den Häftlingsfriedhof
eingeladen, auf dem 38 Opfer des Lagers
beerdigt wurden. "Dieses Lager war das
schlimmste von allen. Weder Birkenau noch
Jaworzno können es damit aufnehmen: Weder
was die Arbeit betrifft, die alles
einnahm, noch was die Sauberkeit
betrifft, die es nicht gab" – so
schildert Yakob Gabri die Zustände, die
er, deportiert aus Griechenland, hier als
25-jähriger durchlitt. Mehrere Stimmen
der in Flößberg Versklavten zitierte
Vereinsvorsitzender Torsten Wünsche, der
die Versammelten namens des Vereins und
der Geschichtswerkstatt Flößberg e.V.
begrüßte. "Hier sind nachweislich
hunderte Menschen ermordet worden. Das
dürfen wir nicht vergessen."
Gegen dieses Vergessen stehen junge
Menschen, die sich seit Jahren schon von
verschiedenen Seiten dem komplexen Thema
Außenlager Flößberg zu nähern suchen. Zu
ihnen gehören Siebentklässler der
Oberschule Kitzscher, die zu Zeitzeugen
Kontakt aufnahmen und ihre Erzählungen
protokollierten. Olivia, Mileen, Lisa und
Navin trugen aus ihren Recherchen vor.
Die Bestürzung der Zeugen hat über mehr
als sieben Jahrzehnte nichts von ihrer
Wucht verloren.
An die Generation der Enkel und
Urenkel wendete sich brieflich Andrew
Casey aus Australien. Sein Vater war in
Flößberg inhaftiert, er als Sohn hatte in
den vergangenen Jahren bei Besuchen in
der Region Schülern als Gesprächspartner
zur Verfügung gestanden. "Ihr seid jetzt
besonders wichtige Menschen, denn ihr
habt euch mit eurem Projekt eine
Verbindung zur Vergangenheit erarbeitet -
und zur Wahrheit. Ihr seid wichtig, weil
es die Generation der Überlebenden bald
nicht mehr geben wird." Andrews Bruder
John meldete sich aus den USA und schlug
eine Brücke in die Gegenwart: Als Sohn
von Holocaust-Überlebenden könne und
dürfe er nicht schweigen, "wenn das Land,
in dem ich jetzt lebe, Menschen in Not
den Rücken kehrt. Das ist nicht das, was
Menschlichkeit von uns verlangt."
Mit einer Schweigeminute ehrten die
Versammelten die Flößberger Opfer. Sie
legten Rosen nieder. Ein weiteres
Gedenken folgte am Nachmittag an der
Lobstädter Straße in Borna. Hier ruhen in
einem Ehrenhain ebenfalls Opfer des
Flößberger Lagers. Am
Ernst-Thälmann-Denkmal von Geithain wurde
die Stimme gegen aktuelle Erscheinungen
von Nationalismus, Rassismus und
Antisemitismus erhoben, wie Linken-Chef
Bernd Gnant versicherte. Eine Ausstellung
im Leipziger Rathaus erinnert an die
Panitzscher Ärztin Margarete Blank, die
kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges von
den Nazis hingerichtet worden ist.