Fundstück
aus dem Internet stammt aus dem einstigen
jüdischen Kaufhaus Britania
Borna. Die Stadt Borna ist bald um
einen Spiegel reicher. Was banal klingt,
ist bei näherer Betrachtung allerdings
von größerer Bedeutung. Denn bei dem
Stück handelt es sich keineswegs um eins
"von der Stange", sondern um eins von
historischem Wert. Konkret geht es um
einen kleinen "Werbespiegel", der einst
vom Bornaer Kaufhaus Britania
herausgegeben worden war. Und der schon
einen New Yorker hellhörig gemacht hat.
Das einstige Kaufhaus Britania in der
Roßmarktschen Straße hatten die jüdischen
Brüder Karl und Abraham Rose von 1914 an
geführt und bis zur Reichpogromnacht
betrieben. Es hatte Herren- und
Knabenbekleidung inklusive Schuhe im
Angebot gehabt.
Jedoch war es am 10. November 1938 in
Brand gesteckt worden, Schaufenster und
Lagerräume waren völlig ausgebrannt.
Viele Angehörige der Familie Rose waren
in den Todeslagern der
Nationalsozialisten ums Leben gekommen.
Mehrere Stolpersteine vorm Gebäude des
einstigen Britania erinnern an ihre
Schicksale.
Der kleine Spiegel tauchte jetzt kurz
vor Weihnachten auf, als der Bornaer Falk
Opelt interessehalber bei der
Verkaufsplattform eBay-Kleinanzeigen den
Suchbegriff "Borna" eingab. Und auf
Anhieb fündig wurde. Ein Verkäufer aus
Zeitz bot einen Werbeartikel des
Kaufhauses Britania an.
"Und da ich in einem Büro arbeite,
das einst zum Kaufhaus gehörte, war ich
sofort elektrisiert", erzählt Opelt. Nach
seiner Aussage hatte der Verkäufer den
Spiegel im privaten Nachlass entdeckt,
war sich über die Bedeutung des kleinen
Fundstücks jedoch nicht im Klaren.
Opelt
gab eben all diese Informationen an
Thomas Bergner vom Bornaer Museum weiter.
Und dieser wiederum erwarb das Stück zu
einem Liebhaberpreis. "Der Spiegel ist
erst der zweite bekannte Werbeartikel des
Kaufhauses Britania. Der andere ist ein
Schuhanzieher mit Werbegravur", erzählt
Opelt. Bergner geht daher auch davon aus,
dass der Spiegel einst relativ teuer
gewesen und deswegen von einem
Familienmitglied von Rose persönlich
herausgegeben worden war.
Laut Ortschronist und
Museumsmitarbeiter Bergner ist der
Spiegel aus dem Material Berkalith
(porzellanartiges Kunstharzgemisch)
geschaffen, das etwa ab dem Jahr 1925
eingesetzt worden war. Auf der Rückseite
findet sich der Hinweis, dass der Spiegel
aus dem Haus Britania stammt. Weshalb für
ihn außer Frage steht, dass das Fundstück
nach Borna gehört.
Was Opelt und Bergner gleichermaßen
umtreibt und dazu veranlasst hat, den
Spiegel zu kaufen, ist, "das Gedenken an
das jüdische Kaufhaus in Borna und dessen
Geschichte, vor allem im Zusammenhang mit
der Reichspogromnacht, aufrechterhalten".
Mit solchen Stücken werde die Historie –
und zwar wortwörtlich – greifbar.
Mittlerweile schlägt der kleine
Spiegel schon Wellen bis nach New York.
"Ein Rose-Nachfahre ist auf Spurensuche,
was seine Familiengeschichte angeht, und
daher auch auf Borna gestoßen", erzählt
Opelt. Mittlerweile habe es zwischen dem
US-Amerikaner und Bergner gar erste
Gespräche gegeben. Wenn es denn wieder
möglich ist, wolle der Nachfahre auch mal
selbst in die Große Kreisstadt kommen –
und auch den Spiegel begutachten.