STOLPERSTEINE zum Gedenken
Borna (thl). Vor dem ehemaligen Wohnhaus der jüdischen Familie Rose, die im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten ermordet wurden, setzte der Künstler Gunter Demnig zu deren Gedenken sogenannte STOLPERSTEINE in die Roßmarktsche Straße von Borna. Die Aktion kam auf Initiative einer Schülerprojektgruppe des Gymnasiums "Am Breiten Teich" zustande, die zum Schicksal der Rose-Kinder recherchierte.
Text: Leipziger Volkszeitung (21.08.2009)
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Sechs STOLPERSTEINE für Borna
Erinnerung an die jüdische Familie Rose in der Roßmarktschen Straße

Borna. Sechs STOLPERSTEINE verlegte gestern Gunter Demnig in der Roßmarktsche Straße - vor dem ehemaligen Haus der jüdischen Familie Rose. "Damit reiht sich Borna neben Städten wie Kamenz, Delitzsch, Paris und Oslo als 476. Kommune ein", so der Künstler, dessen Projekt seit neun Jahren ein Selbstläufer ist. Initiiert wurde die Aktion in der Kreisstadt von der Schülerprojektgruppe des Gymnasiums "Am Breiten Teich", die sich mit dem Schicksal der Kinder der jüdischen Familie Rose beschäftigt.

Mehr als 20.000 STOLPERSTEINE hat Gunter Demnig in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Niederlande oder Polen bereits verlegt. Kopenhagen habe jüngst 21 dieser Steine geordert. Auf den zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten sind Name, Jahrgang und Zeit der Deportation sowie Ort und Datum der Ermordung eingraviert. Damit soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die von Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden. Sie werden vor den letzten frei gewählten Wohnorten der NS-Opfer niveaugleich in das Pflaster des Gehweges eingelassen. Demning über seine Aktion: "Man fällt nicht hin, sondern man stolpert - mit dem Kopf und dem Herzen."

Doch er findet damit nicht nur Freunde. "In neun Jahren drei Morddrohungen. Das kann man schon verkraften", meinte er im sarkastischen Ton. Aufmärsche von Rechten habe er bislang nur in Delitzsch erlebt. In Kamenz seien die Steine nach nur einem Tag zerstört worden.

Unter den rund 60 Besuchern befand sich Lutz Kinmayer, ehemals Gemeinde- und Jugendreferent der katholischen Gemeinde Borna. Im November 2003 wurde auf seine Initiative hin die Gedenktafel am Kaufhaus "Britania" der Familie Rose angebracht. Es mache ihn heute wütend, die Wahlplakate der NPD auf den Straßen in deutschen Städten zu sehen. Er zeigte auf ein solches Plakat, das gegenüber dem Wohnhaus, neben dem Amtsgericht, an einem Laternenmast hängt. "Es erzürnt mich, weil ich es nicht herunterreißen darf." In Gera, wo er seit einigen Jahren lebt, hätten das die Jugendlichen getan. So fand er offene Worte über Demokratie und Zivilcourage in Deutschland, wofür er Applaus aus der Runde erhielt.

Wie Gunter Demning sagte, wurden die sechs STOLPERSTEINE von Bornaer Bürgern, Vereinen und der evangelischen Kirchgemeinde finanziert. Dazu gehören auch das Bornaer Gymnasium und Oberbürgermeisterin Simone Luedtke als Privatperson. Das kirchliche Café "OffenKundig" übernahm eine Teilfinanzierung für einen der Steine gemeinsam mit der Frohburger evangelischen Kirchgemeinde. Wie auch Kinmayer mit dem Neukieritzscher Philipp Ramm. Beide besuchten vor Jahren Frederick Rose, ein Überlebender der Familie.

Die Schülerprojektgruppe recherchierte über ein halbes Jahr in Archiven und Museen der Städte Borna und Leipzig über die Kinder der Familie, berichtete Sandra Münch. Die Ergebnisse wurden auf der Tafel "Spurensuche" festgehalten, die gestern ebenfalls ausgestellt war. "Doch uns war das nicht genug", so die ehemalige Gymnasiastin aus Borna, die mittlerweile in Chemnitz studiert und Mitglied im Verein Bon Courage ist. Mit der Aktion STOLPERSTEINE wollte man verstärkt an die Öffentlichkeit treten.
Text: Peter Krischunas, Leipziger Volkszeitung (21.08.2009)
Foto: Peter Krischunas
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