Erinnerung
an die jüdische Familie Rose in der Roßmarktschen
Straße
Borna.
Sechs STOLPERSTEINE verlegte gestern Gunter
Demnig in der Roßmarktsche Straße - vor dem
ehemaligen Haus der jüdischen Familie Rose.
"Damit reiht sich Borna neben Städten wie
Kamenz, Delitzsch, Paris und Oslo als 476.
Kommune ein", so der Künstler, dessen Projekt
seit neun Jahren ein Selbstläufer ist. Initiiert
wurde die Aktion in der Kreisstadt von der
Schülerprojektgruppe des Gymnasiums "Am Breiten
Teich", die sich mit dem Schicksal der Kinder
der jüdischen Familie Rose beschäftigt.
Mehr als 20.000 STOLPERSTEINE hat Gunter Demnig
in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Niederlande
oder Polen bereits verlegt. Kopenhagen habe jüngst
21 dieser Steine geordert. Auf den zehn mal zehn
Zentimeter großen Messingplatten sind Name,
Jahrgang und Zeit der Deportation sowie Ort und
Datum der Ermordung eingraviert. Damit soll an
das Schicksal der Menschen erinnert werden, die
von Nationalsozialisten ermordet, deportiert,
vertrieben oder in den Freitod getrieben wurden.
Sie werden vor den letzten frei gewählten
Wohnorten der NS-Opfer niveaugleich in das
Pflaster des Gehweges eingelassen. Demning über
seine Aktion: "Man fällt nicht hin, sondern man
stolpert - mit dem Kopf und dem Herzen."
Doch er findet damit nicht nur Freunde. "In
neun Jahren drei Morddrohungen. Das kann man
schon verkraften", meinte er im sarkastischen
Ton. Aufmärsche von Rechten habe er bislang nur
in Delitzsch erlebt. In Kamenz seien die Steine
nach nur einem Tag zerstört worden.
Unter den rund 60 Besuchern befand sich Lutz
Kinmayer, ehemals Gemeinde- und Jugendreferent
der katholischen Gemeinde Borna. Im November 2003
wurde auf seine Initiative hin die Gedenktafel am
Kaufhaus "Britania" der Familie Rose angebracht.
Es mache ihn heute wütend, die Wahlplakate der NPD
auf den Straßen in deutschen Städten zu sehen. Er
zeigte auf ein solches Plakat, das gegenüber dem
Wohnhaus, neben dem Amtsgericht, an einem
Laternenmast hängt. "Es erzürnt mich, weil ich es
nicht herunterreißen darf." In Gera, wo er seit
einigen Jahren lebt, hätten das die Jugendlichen
getan. So fand er offene Worte über Demokratie
und Zivilcourage in Deutschland, wofür er Applaus
aus der Runde erhielt.
Wie Gunter Demning sagte, wurden die sechs
STOLPERSTEINE von Bornaer Bürgern, Vereinen und
der evangelischen Kirchgemeinde finanziert. Dazu
gehören auch das Bornaer Gymnasium und
Oberbürgermeisterin Simone Luedtke als
Privatperson. Das kirchliche Café "OffenKundig"
übernahm eine Teilfinanzierung für einen der
Steine gemeinsam mit der Frohburger evangelischen
Kirchgemeinde. Wie auch Kinmayer mit dem
Neukieritzscher Philipp Ramm. Beide besuchten
vor Jahren Frederick Rose, ein Überlebender der
Familie.
Die Schülerprojektgruppe recherchierte über
ein halbes Jahr in Archiven und Museen der Städte
Borna und Leipzig über die Kinder der Familie,
berichtete Sandra Münch. Die Ergebnisse wurden
auf der Tafel "Spurensuche" festgehalten, die
gestern ebenfalls ausgestellt war. "Doch uns war
das nicht genug", so die ehemalige Gymnasiastin
aus Borna, die mittlerweile in Chemnitz studiert
und Mitglied im Verein Bon Courage ist. Mit der
Aktion STOLPERSTEINE wollte man verstärkt an die
Öffentlichkeit treten.