Mahnung am Volkstrauertag
Auf dem städtischen Friedhof versammeln sich gestern
60 Menschen zum Gedenken

Borna.
Auf dem Gedenkstein auf dem Bornaer Stadtfriedhof
steht: "Die Liebe Gottes den Opfern unseres
gequälten Jahrhunderts. ... Die Gnade Gottes den
Tätern." 1999 hatte Jürgen Schmidt, Kirchenvorstand
der evangelischen Gemeinde Borna, den Findling aus
Delitzsch nach Borna holen und inmitten der Gräber
neben der Kapelle setzen lassen. Seitdem findet
dort jedes Jahr die Gedenkstunde zum Volkstrauertag
statt.
Auch gestern (Sonntag, 16. November 2008) kamen
etwa 60 Menschen anlässlich des Volkstrauertages an
den Platz. Neben den Pfarrern der evangelischen und
katholischen Kirchgemeinden sprach Bornas
Oberbürgermeisterin Simone Luedtke. Der Posaunenchor
der evangelischen Gemeinde begleitete den staatlichen
Gedenktag, der seit 1952 zwei Sonntage vor dem 1.
Advent begangen wird, um an die Kriegstoten und Opfer
der Gewaltherrschaften aller Nationen zu erinnern.
Wegen des Mahn-Effekts habe der Volkstrauertag
nach wie vor seine Berechtigung, sagte Luedtke. Sie
erinnerte an den finsteren Teil der deutschen
Geschichte. Zudem sprach sie das viele Elend auf der
Welt an, das ein Ende haben müsse. Man müsse sich
täglich dafür sowie für Frieden und
Gleichberechtigung einsetzen. "Das kann jeder, egal
ob Jung oder Alt." Luedtke möchte nicht erleben,
dass in ihrer Familie ein Mensch durch Krieg ums
Leben kommt. Sie kritisierte auch die Gewalt auf
der Straße und die zunehmende Gleichgültigkeit
unter der Bevölkerung: "Wir treffen uns hier,
während andere nicht einmal wahrnehmen, was wir
hier tun", so die Rathauschefin.
Michael Gärtner, Pfarrer der evangelisch -
lutherischen Kirchgemeinde Borna, nahm seit seiner
Ordination im September vorigen Jahres zum zweiten
Mal an der Gedenkveranstaltung auf dem städtischen
Friedhof teil. "Als Christen fühlen wir uns durch
unseren Glauben verpflichtet, für Frieden und
Versöhnung einzutreten", sagte er. Die Bornaer
seien zusammengekommen, um an die vielen Millionen
Kinder, Frauen und Männer zu denken, die in den
vergangenen 100 Jahren Opfer von Krieg und Gewalt
wurden. Sie würden an die Soldaten und Zivilisten
denken, die in den Weltkriegen starben, an die
Menschen, die in der Gefangenschaft und als
Vertriebene ihr Leben verloren sowie an Menschen,
die Widerstand geleistet haben. "Jesus Christus
war kein mächtiger Herrscher und auch kein
Feldherr. Jesus war ein jüdischer Rabbi, der die
Sanftmütigen und Friedfertigen pries", erklärte
der Pfarrer. Mit der Bergpredigt von Jesus wollte
Gärtner Mut machen, sich nicht mit Krieg und
Gewalt abzufinden. "Immer noch sind wir als
Barmherzige und Friedensstifter gefordert, uns
für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung
einzusetzen."
Waldemar Styra, Pfarrer der katholischen
Gemeinde Borna, sprach anschließend ein Gebet
und das "Vater unser", in das alle Beteiligten
einstimmten.
1919 wurde der Volkstrauertag erstmals vom
"Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge" für
die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten
Weltkrieges vorgeschlagen.